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Die Gerichtsbarkeit in vergangener Zeit


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Die Gerichtsbarkeit in Jägerndorf

Um einigermaßen Einsicht in die Gerichtsbarkeit der Patrimonialzeit zu gewinnen, sei erwähnt, daß diese in früheren Jahrhunderten in unserem Landes in eine höhere und niedere zerfiel. Die erstere wurde vom Jägerndorfer Landrechte ausgeübt, in dem die angesehensten Adeligen des Landes saßen und Recht sprachen. (Die Dominien Geppersdorf, Gotschdorf und Olbersdorf gehörten zum Landrechte Troppau.)

Den Vorsitz führte der Herzog, der sich durch den Landeshauptmann vertreten ließ. Diese Behörde war sowohl eine Justiz-, Administrativ- wie Realbehörde bis zur Regierungszeit der Kaiserin Maria Theresia, welche die Verwaltung von der Justiz trennte. Beim Landrechte konnte wohl auch der leibeigene Bauer seinen Herrn anklagen; allein diese Beschwerden blieben in der Regel ohne Erfolg, da die Beisitzer Bekannte und Verwandte des Angeklagten waren. Von viel größerer Bedeutung war für die Untertanen die niedere Gerichtsbarkeit, welche von den Dominien und Magistraten ausgeübt wurde. Solche gab es im Umfange unseres Schulbezirkes in Branitz, Bransdorf, Geppersdorf, Gotschdorf, Jägerndorf (Kammer), Jägerndorf (Magistrat), und Olbersdorf. Die Dominien zählten 1845 an Untertanen: Branitz 16, Bransdorf 2173, Geppersdorf 1627, Gotschdorf 7701, Jägerndorf 19.865, Olbersdorf 6939 und die Stadt Jägerndorf 8684 Einwohner.

Um die Gerichtsbarkeit leichter ausüben zu können, wurde in den untertänigen Dörfern im Laufe eines Jahres je ein sogenannter Dingtag, später auch Termin genannt, von dem Gutsverwalter resp. Kammerburggrafen in Jägerndorf der Justiziär und dessen. Amtsschreiber unter Zuziehung des Ortsrichters, der Ältesten und Geschworenen abgehalten, bei dem alle Grundkäufe abgeschlossen, die hiefür entfallenden Zahlungen, Raten, Zinsungen festgesetzt und schließlich vom Amtsschreiber in das sogenannte Waisenbuch (Weisungsbuch?) eingetragen wurden. Dieses Buch, welches in damaliger Zeit das heutige Grundbuch ersetzte und seit den Hohenzollerschen Fürsten 1523 in deutscher Sprache geführt wurde, ist in der Gemeindelade aufbewahrt worden und galt zugleich als Quittierungsbuch. In der Gemeindelade wurden beim Waisenbuche auch, da die Dorfbewohner nur selten lesen und schreiben konnten, die Kerbhölzer aufbewahrt. Wie aus dem Aubelner Waisenbuche von 1550 zu ersehen ist, wurde jedem, der einen Besitz übernahm, ein Kerbholz, d. i. ein Stabholz, in welches so viele Kerbe gemacht wurden, als der Besitzer in Talern schuldig war, eingelegt. Bei jedem Dingtag schnitt man ihm so viele Kerbe ab, als er Schulden abzahlte. War er mit der Tilgung seiner Schulden fertig, so erhielt er ein grünes Reis ausgefolgt, welches er aus seinem Haustore aufstecken konnte, zum Zeichen, daß er schuldenfrei war oder, wie man damals sagte, daß er nichts mehr aus dem Kerbholze hatte. Bei den Dingtagen wurden auch Streitigkeiten und Klagen unter den Untertanen beigelegt und ausgetragen, so daß die Wirksamkeit derselben sich teilweise auf die Funktionen der heutigen Gemeindeämter und jene der Bezirksgerichte erstreckte.

Die wichtigste Person im Dorfe war der Erbrichter (Scholze), welcher den Ältesten und Geschworenen vorstand. Er hatte vor den andern Ansassen eine bevorrechtete Stellung und ward schon bei der Anlegung oder Besiedlung des  Dorfes als Lokator mit einem größeren, robotfreien Grundbesitze ausgestattet. Der Erbrichter war das Vollzugsorgan der Obrigkeit und hatte dieselbe als ein des Ortes und der Leute kundiger Mann zu unterstützen. Als solcher mußte er die Ableistung der Robot überwachen, die Zinsen einkassieren und Sorge tragen, daß der Zehent ordentlich entrichtet werde. Außerdem hatte er noch viele andere Obliegenheiten zu besorgen, von denen die Heerespflicht ihm die meistens Verlegenheiten bereitete; denn der Kriegsdienst wurde von unsern Vorfahren sehr gescheut und man versuchte, sich demselben durch Verstecken oder Flucht während der Assentzeit zu entziehen. Diese Scheu ist in vieler Hinsicht begreiflich, wenn wir bedenken, daß der Assentierte so viel als verloren war und derselbe zufolge der langen Dienstzeit (14 Jahre) und der vielen Kriege seine Heimat erst spät, oft auch gar nicht mehr wiedersah.

Für die vielen Pflichten und Sorgen, welche mit dem Amte des Erbrichters verbunden waren, hatte er außer den schon früher erwähnten Rechten und Gerechtigkeiten noch die Benützung eines Ackers, des sogenannten Richterstückes zu Recht. War der Erbrichter nicht fähig das Ortsrichteramt auszuüben, oder wollte er dasselbe nicht übernehmen, so wählte die Gemeinde ihren Richter, dem man den Titel ,,Betrichter« beilegte. Dieser wurde für die Zeit seiner Amtswirksamkeit von der Robot befreit und erhielt auch die Benützung des Richterstückes.

Wenn Sie Jägerndorf und seine Menschen näher kennenlernen wollen lesen Sie die Jägerndorfer Heimatchronik.