Bericht über das Erdbeben 1858

aus dem Buch - "Bericht aber das Erdbeben am 15. Jänner 1858 in den Karpathen und Sudeten"
Autor: Ludwig Heinrich Jeitteles
Erscheinungsdatum 1859

Troppau

Bericht aus dem Krankenhaus. In einigen Betten ward nichts in anderen hingegen ein sehr bedeutendes Schütteln und Sehwanken gefühlt. Die Richtung der Stösse in Troppau ward sehr verschieden am häufigsten jedoch als SO - NW. bezeichnet.

Stibrowitz. Zweimaliges kräftiges Oszilliren wurde im Pfarrhause bemerkt (Mitteilung des Herrn Pfarrers in Schlackau).

Schlackau. Nach der Aussage des Herrn Pfarrers verspührte man im grössten Theil des Dorfes fast nichts. Herr Ökonomiebesitzer J. C. Hein empfand aber in seinem Hause die Stösse sehr lebhaft. Seine Pendeluhr blieb auf 8 Uhr 28 H. stehen. Zwei dumpfe Schläge als ob schwere Gegenstände im Nebenzimmer zur Erde fielen wurden gehört. Bilder bewegten sich Gläser schlugen an einander das Wasser in einer Flasche geriet lebhaft in Schwanken. Richtung SO. - NW. Auch in der herrschaftlichen Brennerei zu Schlackau wurden die Erdstöße bemerkt.

Radun. Die Bewegung wurde hier deutlich wahrgenommen. In dem nahe bei Radun auf einer Anhöhe gelegenen Dorfe Wrschowitz ward keine Bewegung aber ein sehr heftiges Sausen und dumpfes Getöse vernommen (Verwalter Banner in Radun).

Stettin. Wahrgenommen. Dauer ca. 3 Sekunden.
Auch in Hadrunek und Mockerlosetz ward das Beben gefühlt (offizieller Bericht).

Stablowitz. Mehrere Einwohner sollen vor Angst die Wohnung verlassen haben (offizieller Bericht).

Liodnitz - Kamenz - Stremplowitz. Sehr deutliche Beobachtungen (offizieller Bericht).

Leitersdorf. Heftig in Pfarrei und Schloss. Richtung südost - südwestlich (offizieller Bericht).

Eckersdorf. Die Tür im Zimmer des Herrn Cooperators Schneeweiss (1. Stock) ging von selbst auf und das Pfarr- gebäude erdröhnte als ob seine Grundfesten wankten (Coop. Schneeweiss).

Mladetzko. Deutlich aber nicht allgemein wahrgenommen (Lehrer Scholaster).

Brättersdorf. Heftig.

Glomnitz. Sehr deutliche Wahrnehmungen (Cooperator Schneeweiss und offizieller Bericht).

Im Hause Nr. 60 ist in Folge des Erdbebens ein Fenster gesprungen". Herr Robert Gebauer in Glomnitz wurde im Bette wiegenförmig geschaukelt ; die Federn in der Stockuhr machten bedeutenden Lärm; besonders aber wurden die Fenster und Zimmertüren so stark erschüttert, dass Herr Gebauer glaubte, es wolle jemand gewaltsam zur Tore hinein" (offizieller Bericht).

Kunzendorf, Boidensdorf. Starkes Erbeben (offizieller Bericht).

Dorf Teschen. In des Herrn Wundarztes Eiberl Wohnung ward die Erschütterung heftig gefühlt. Dauer 10 - 12 Sekunden (offizieller Bericht und mündliche Mitteilung).

Spachendorf. Sehr deutliche Beobachtung. Besonders in der eigentlich schon zu Heidenpiltsch gehörigen, Spinnfabrik. Mit Federnschleissen beschäftigte Mädchen flüchteten ins Freie. Flaschen und andere Gegenstände fielen von einem Breite herab. Herdarea sprangen auf. Eine Lampe war dem Umfallen nahe. Die Bewegung war rüttelnd , von unterirdischem Getöse begleitet und dauerte 15 - 16 Sekunden. (Mittheilungen der Herren: Fabriksverwalter Till und Erbgerichtsbesitzer Krommer in Spachendorf, dann Apotheker Lauffer in Hof.) Zeit: 8 Uhr 40 M. nach Herrn Lauffer. Richtung SO. - NW. Panischer Schrecken bemächtigte sich der meisten Bewohner.

Raase. In den meisten Häusern dieses sehr langen Dorfes wurde das Erdbeben deutlich, in einigen sogar ziemlich heftig beobachtet, da nicht wenige Schlafende dadurch aufgeschreckt wurden. In einer Stube wurde ein irdenes, mit Trinkwasser gefülltes Geschirr, welches auf dem Tische stand , umgestürzt und zerbrach.
Vögel in den Käfigen wurden zu Boden geworfen und flatterten angstvoll auf. Richtung: SO. - NW. nach Herrn Mestenhauser. Zeit: ungefähr 8 Uhr 20 M. nach Herrn Schullehrer Beege. Anzahl der wellenförmigen Stösse oder Schwingungen nach Angabe des Herrn Pfarrers : 3 - 4, nach Mitteilung des Herrn Lehrers Beege: 7 - 8; auch letzterer gibt die Richtung als süd- östlich an. NW - SO. nach Herrn Pfarrer Langer.

In dem Hause des Herrn Mestenhauser vernahm man ein unterirdisches Rauschen. Die in dem höher gelegenen Theil des Dorfes stehenden Häuser sind von der Erschütterung grösstenteils unberührt gebiiehen (briefliche Mitteilungen der
Herren: Pfarrer Langer, Arzt Mestenhauser, Schullehrer Beege).

Messendorf am Abhang des vulkanischen Venusberges. In unserer Gemeinde wurde nicht das Geringste von einem Erdbeben wahrgenommen. Es geschah weder ein Stoss noch ein Erdrusch, noch sonst eine Erschütterung (Brief des Herrn Oberlehrers Bittmann in Messendorf).

Ich führe hier gleich auch die benachbarten in Mähren liegenden Orte in diesem vulkanischen Gebiete an.

Dorf Raudenberg. Hier scheint nichts wahrgenommen werden zu sein (Mestenhauser, Forstmeister Pfeifer in Freudenthal).

Karlsberg. In drei, im Mora-Tale in der nälchsten Nähe des Mora-Flusses gelegenen Häusern hat man drei Stösse von NW. - SO. so heftig gefühlt, dass die Bewohner sie gleich als Erdbeben bezeichneten. Die Erschütterung war so stark , dass Schlafende erwachten (Mittheilung des Herrn Local-Curates Johann Bernt in Karlsberg).

Neurode. In einigen dem Mora-Flusse zunächst gelegenen Häusern wurden drei Schwingungen in der Richtung von NW. - SO.
empfunden die so heftig waren , dass die Hausmauern in hohem Grade schwankten und zitterten Wanduhren anschlugen etc. Die Erschütterung wurde in der ganzen Umgegend, jedoch fast nur in den Tälern , auf Anhöhen wenig oder gar nicht gefohlt (Localcurat Bernt).

Lohnig an der Strasse nach Olmütz. Schwach, aber unzweifelhaft beobachtet. Auch das unterirdische Getöse (dem Rollen eines Lastwagens ähnlich) ward gehört (Pfarrer Menzl).

Braunseifen. Vereinzelte Wahrnehmungen. Richtung NO nach SW. (Cooperator Pösel).

Hof. Rüttelnde Erdstösse, die binnen 20 Secunden sich mehrmals wiederholten (Apotheker Lauffer).

Heidenpiltsch. Deutlich beobachtete Erdschwankungen (Localcurat Thom. Fuchs).

Bennisch. Die Erschütterung wurde hier ebenfalls beobachtet (offizieller Bericht).

Zossen. Auch hier wurde sie sehr deutlich gefühlt, namentlich in der Wirtschschaftskanzlei (Mittheilung des Herrn Verwalters Kraus).

Freudenthal. Nur in wenigen Häusern deutlich beobachtet Am meisten empfanden die Erschütterung der Herr Dechant, welcher, einen Einsturz des Hauses fürchtend , unter das Türfutter flüchtete, und die Deutsch-Ordens-Schwestern. Letztere, welche gerade am (freistehenden) Chor der Kirche betend knieten , empfanden die Stösse so lebhaft, dass sie, ein Zusammenbrechen des Chores befürchtend erschreckt aufsprangen. In einem Vorstadthause knarrten die Türen und Webestühle und an den Wänden bewegten sich Bilder und Geräte (offizieller Bericht und Mitteilungen der Herren: Med. Dr. Kubin und Forstmeister Pfeifer). Der Erdstoß kam nach dem offiziellen Berichte von WSW.

Auf dem vulkanischen Kohlerberge bei Freudenthal wurde in dem auch im Winter bewohnten Wirtshause bei der Wallfahrtskirche nicht das Geringste verspürt, wie ich aus den Berichten der genannten beiden Herren und meinen eigenen an Ort und Steile im Herbst 18K8 gepflogenen Erhebungen mit Bestimmtheit weiss. Ein heftiger und kalter Sturmwind aus West aber tobte 15. Jänner von 3 Uhr Nachmittags bis zum späten Morgen des andern Tages noch auf dem Kohlerberge.

Jägerndorf. Die Erschütterung wurde hier allgemein und lebhaft wahrgenommen. Es wurden zwei Stöße beobachtet, von welchen der zweite schwächere 6 Sekunden nach dem ersten stattfand. Die Turmuhrglocke soll einige Male angeschlagen haben. Der Wächter am Thurm wurde durch die Bewegung überhaupt und besonders durch das Herabfallen eines Vogelbauers aus dem Schlafe emporgeschreckt. Auch sonst wurden vielfach Schlafende aufgeweckt und fuhren erschreckt, wie aus einem bösen Traume, empor. In mehreren Häusern wurden die Vögel in den Käfigen durch das Herumschleudern von ihren Sitzplätzen getötet, so z. B. bei Herrn Ignaz Klement, Hauseigentümer im Hause Nr. 9 betroffen war.

Überall, auch in Zimmern, die von der Erschütterung unberührt geblieben waren, wurde eine ungewöhnliche und lange dauernde Unruhe der Stubenvögel beobachtet. Die Richtung war SO - NW nach Angabe des Herrn Spatzier und des Herrn Bezirksvorstehers. Die Bewegung ist in dem nordwestlichen Theile der Stadt mehr als in den übrigen Theilen verspürt worden (offizieller Bericht und Mittheilungen der Herren Apotheker Johann Spatzier , Reallehrer Guido von Schwarzer, Johann Happak und Anderer).

Braunsdorf. Die Bewegung wurde hier sehr stark gefühlt Richtung: NW. - SO. Um halb 2 Uhr Nachts wurde neuerdings ein schwächerer Stoss bemerkt.

Bransdorf. In dem unteren Teile des Dorfes und im Schlosse des Herrn Grafen von Kuenburg wurde beinahe nichts verspürt, während der obere Teil des Dorfes das Beben fühlte. (Mittheilung der grfäflichen Familie).

Seifersdorf. Deutliche und ziemlich heftige Bewegung. Herr Wundarzt Franz Tham schreibt: Meine Frau, welche schon schlief, erwachte aus dem ersten Schlafe, wobei sie das Gefühl hatte, als ob sie sanft dem Bette durch eine grosse Gewalt hin- und her bewegt wurde. Der Fossboden meines Zimmers bewegte sich etwa 5 - 6mal herOber und hinOber in Schwingungen, die beiläufig aber zwei Zoll betrugen, und in einer Richtung von Südost nach Nordwest. Diese Schwingungen waren ganz waagrecht und dabei nichts von einem senkrechten Stosse zu bemerken. Herr Tham wohnt in einem einstöckigen Hause. Die Erschütterung wurde nur noch in dem ebenfalls einstöckigen Hause des Herrn Dechanten Florian Hanel wahrgenommen. Alle ebenerdigen Wohnungen blieben unerschüttert (Mitteilung des Herrn Lehrers Krause).

Skrochowitz. In der Höhle stark gefühlt.
Komeise. Hier wurde nichts empfunden (offizieller Bericht).
Olbersdorf. Die Erdschwankungen wurden namentlich in den ersten Stockwerken der Häuser Nr. 30 und 99 deutlich gefQhlt.
Richtung "vielleicht nordöstlich" (offizieller Bericht).

Würbenthal. Nach den von Herrn Dr. Kubin und Herrn Verwalter Riedel (in Karlsbrunn) hier eingezogenen Erkundigungen wurde das Erdbeben deutlich und von mehreren Personen beobachtet. Nach Mittheilung des Herrn Verwalters Riedel wurde auch das unterirdische Getöse, dem Rollen eines Wagens ähnlicb, vernommen. Auch wurde eine grosse Unruhe bei den Singvögeln beobachtet und man bemerkte, dass sie den Rest der Nacht, nicht wie sonst auf den Sprossen, sondern auf dem Boden der Käfige verbrachteo.

Engelsberg. Hier konnte Herr Dr. Kubin von Niemanden etwas über eine wahrgenommene Erschütterung erfahren.

Karlsbrunn. Die Erschütterung wurde deutlich wahrgenommen in dem ersten Stockwerke der Wohnung des Herrn Verwalters Riedel (briefliche Nachricht des Genannten).

Klein-Morau. Es wurde nichts wahrgenommen; ein heftiger Sturm aber tobte an diesem Tage von Mittag bis Mitternacht.

Hotzenplotz. Die Erschütterung wurde nach dem offiziellen Bericht an die schlesische Landesregierung sowohl hier als in Hatzdorf und Rosswalde deutlich, in allen übrigen Gemeinden des Bezirkes nicht beobachtet Man bemerkte auch eine Unruhe bei Singvögeln

Zuckmantel. In einigen Häusern schobt doch etwas bemerkt worden zu sein, obwohl der officielle Bericht negativ lautet

Petersdorf bei Zuckmantel. Es wurde nichts verspürt (Pfarrer Bayer).

Reihwiesen. Zwei getrennte Stösse mit 8 - 10 Sekunden dauernden Zwischenvibrationen , denen eine Pause von einer Minute folgte O Richtung S.- N. Zeit: zwischen 8Uhr36M. und 8 Uhr 40 M. (Lehrer Franke).

Nieder-Grund. Vereinzelt aber sicher beobachtet zwei Stösse. Ebenso in Endersdorf. In den Bergwerken wurde nichts wahrgenommen (Lehrer Nitsche).

Freiwaldau. Zwei Erdstöße von W. - O. und zwar so heftig, dass eingeklinkte Zimmertüren aufsprangen. Die Erschütterung war in den meisten Häusern, vorzüglich deutlich in den oberen Stockwerken wahrzunehmen) (offizieller Bericht und Dr.Jur. Weyric).

Gräfenberg. Hier bemerkte man keine Spur einer Erderschütterung, auch an den Quellen durchaus keine Veränderung (Badearzt Schindler. Offizieller Bericht).

Böhmischdorf bei Freiwnldau. Es wurde nichts bemerkt. (Lehrer Frenz Schroth).

Aielsdorf bei Freiwaldau. Hier wurde die Erschütterung deutlich wahrgenommen. In einem Hause wurden hölzerne Gefässe
(Kannen , Schaffe) Ton einer Bank heruntergeworfen (Lehrer Schroth).

Buchelsdorf. Wie es scheint, hat man nichts gefühlt (Lehrer Klemens Pilz).

Dittershof. Nichts verspührt (Lehrer Stephan Jäckel).

Fitzenhau bei Freiwaldau. Nach einem schauerlichen Rasseln mit hohltönendem unterirdischen Donner folgten,in einigen Minuten hinter einander zwei Stösse. Am Morgen war die Wassermasse des Zeiskengrund-Baches auffallend geringer, als sonst je beobachtet wurde (Förster Rotter in Fitzenhau).

Ober-Thomasdorf. Vereinzelt wahrgenommen. Der Kirchenwächter hörte während einer ganzen Stunde in südöstlicher
Richtung ein donnerndes Geräusch. Er glaubte es der Loslösung des Grundeises zuschreiben zu müssen ; aber das Eis des
Biela-Fluss zeigte sich unversehrt. Dabei sah er Blitze (Lehrer Metzner).

Ober-Lindewiese. Um halb 9 Uhr Abends fand eine heftige Explosion durch 3-4 schnell auf einander folgende Windstösse
Statt Es war das um so auffallender, als der ganze Tag heiter und still war und ein kaum fühlbares Wehen von Süd stattfand. Auch nachher tret dieselbe Ruhe wieder ein (Lehrer Joseph Scholz).

Setzdorf. Es wurde nichts wahrgenommen (Lehrer Heisel).

Saubsdorf. Nichts verspürt (Lehrer Fr. Adlof).

Ramsau. Auch hier empfand man durchaus nichts (Lehrer A. Faulhammer).

Weidenau. In keinem Orte des Bezirkes ist etwas von einem Erdbeben wahrgenommen worden (offizieller Bericht).

Jauernig. Nichts wahrgenommen worden (offizieller Bericht und Coop. Kluss).

Wildschütz. Hier beobachtete Herr Pfarrer Kunert das vielbesprochene Phänomen sehr deutlich. Der Stoss selbst war mit
einem sehr heftigen Windstösse, der unmittelbar darauf folgte, fast wie vereint. Aber schon früher war das Wetter sehr stürmisch gewesen. Richtung des Erdstosses: SO. - NW. Dauer: 2 Sekunden.

Auch in mehreren anderen Gebäuden (Schule, Schloss etc.) wurde die Bewegung verspOrt. Es waren alle Haustiere besonders aber das Borstenvieh sehr unruhig (Pfarrer Kunert. Offizieller Bericht).

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