Troppauer Ärztewesen im 16. Und 17. Jahrhundert

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Berühmte Persönlichkeiten aus Schlesien, wichtige Schlesier

Wie im Mittelalter so sind auch in den darauf folgenden zwei Jahrhunderten Bader und Barbiere die eigentlichen Volksärzte. Gelehrte Jünger Äskulaps waren selten und konnten von Minderbemittelten nicht aufgesucht werden. übrigens waren sie bei chirurgischen Operationen nicht recht zu brauchen

da ihnen hierzu die praktische Ausbildung fehlte, sie auch die »Messerarbeit« unter ihrer Würde hielten. In solchen Fällen mußte immer empirisch geschulte Barbiere in Anspruch genommen werden. Wenn Ens (Oppaland II, 68) schreibt, daß Troppau im 16. Jahrhunderte 1 Arzt, 1 Chirurg, 1 Bader und 1 Apotheker hatte, so ist diese Angabe  in Ihrem ganzen Umfange nach unrichtig. Im Jahre 1372 zählt man hier nicht weniger als fünf Baderstuben, nämlich: außerhalb der Stadtmauer eine beim Jaktartor, die zweite vor dem Ratiborer Tor (gegenüber der Kurz‘schen Gärtnerei); der Mauern eine in der Salzgasse, die zweite in der darnach benannten Badergasse, die dritte hinter der alten Schule am Pechring. (Kopetzky,365, 566.) Die letztgenannte war ein sogenanntes Seelbad, gestiftet Wohltätern zum Heile ihrer Seelen und zum Wohle der die nahe Stadt besuchenden Jugend; sie ging ebenso wie die beiden vorstädtischen Badestuben vor der Mitte des 16. Jahrhundertes ein. Die Badstube in der (Nr. 30) und jene in der Badergasse (Nr. 2, Jelineks Konditorei), welche die größte war, behaupteten sich bis ins 19. Jahrhundert. Da wurde gebadet, geschwitzt, geschröpft, Ader gelassen, rasiert. Der Bader durfte Knochenbrüche und Verrenkungen behandeln und zwar sogar außerhalb des Hauses, alle übrigen Prozeduren standen ihm zu nur innerhalb seines Hauses zu. Er war Wundarzt minderer Gattung, durfte frische Wunden nicht kurieren. Seit dem 16. Jahrhundert kamen die Badstuben großer Städte wegen verschiedener Mißstände und Ansteckungsgefahr in Verruf und ihre Inhaber vielfach für unehrlich angesehen. Bestimmte Nachrichten über unsittliches Gebaren in den Troppauer Anstalten liegen zwar nicht vor, aber überliefert ist, daß den hiesigen Badern das Ratskollegium und der Schöppenstuhl nicht zugänglich waren, somit ihr Gewerbe als minder ehrsam galt.

Alles was an bürgerlichen Ehren den Badern vorenthalten wurde, genossen in vollem Maße die Barbiere. Diese waren „die ehrsamen und kunstreichen“ Meister der Chirurgie, die eigentlichen Wundärzte, denen die Behandlung frischer Wunden vorbehalten war. Schwierigere Operationen, höheres anatomisches Wissen voraussetzten, sollten sie ohne Zuziehung eines gelehrten Medikus nicht vornehmen, ebensowenig sollten sie ordinieren; aber dieses Verbot wurde häufig überschritten, da gelehrte Ärzte nicht immer zur Hand waren. Neben der chirurgischen Praxis blieb Haarschneiden und Rasieren immer ihre wichtigste Einnahmsquelle. Auch Bereitung und der Verkauf von Salben trug viel ein. Daß ein geschickter Barbier der eine Reihe glücklicher Kuren aufzuweisen hatte, ebenso selbstbewußt auftrat und ebenso hohe Honorarforderungen stellte wie der graduierte Arzt, ist begreiflich. Der Troppauer Barbier Georg forderte 1534 von Herrn Herbord von Füllstein für die Heilung eines Beinbruches 100 ungarische Goldgulden (Tropp. Ladungsb. II, 368), für welche Summe damals ein kleineres Bürgerhaus erworben werden konnte. Um 1600 praktizierten in Troppau nicht weniger als vier Barbiere, nämlich Anton Pantagius (Allerheiligen) aus Soest in Westfalen, Georg Dietz aus Jena, Kaspar Kant aus Frankfurt a.O. und Hans Pelikan, der ein Schlesier gewesen zu sein scheint. Pantagius war Besitzer des Hauses Nr. 3 Zwischenmärkten jetzt Klauber), saß zwischen 1590—1607 im Stadtrate, seine Offizin galt als die renomnierteste. Der Sohn Johann wurde Apotheker, starb aber um 1612 vor dem Vater. Pelikan war Eigentümer des Hauses Nr. 29 am Niederring. Es muß somit drei bis vier Barbiergerechtigkeiten gegeben haben. Eine oder zwei derselben gingen später ein, denn 1737 zählte man nur zwei, erst 1752 erhielt der Feldscherer Franz Kopansky von der Landesregierung die Konzession zur Eröffnung einer dritten Barbierstube(Nach 1800 kamen noch zwei weitere hinzu und bei der Anzahl fünf verblieb es bis zur Einführung der Gewerbefreiheit im Jahre 1860.)

Die Troppauer Barbierzunft umfasste auch die Wundärzte anderer Städte Oberschlesiens, wie die von Poln.-Neustadt, welche erst 1716 sich von diesem Verbande losmachten. Den sesshaften Ärzten machte Konkurrenz eine Unzahl von fahrenden Leuten. Es waren Zahnbrecher, Starstecher, Stein- und Bruchschneider, allerhand Quacksalber, die zumal an Jahrmärkten den Leuten ihre Dienste und Wundermittel anboten. Hatte der arme, leichtgläubige Patient beim Bruch schneiden die testiculi, beim Starstechen das Augenlicht eingebüßt, war es sein eigener Schaden, der Operateur hatte längst das Weite gesucht. Harmloser erscheinen jene fahrenden Doktoren, welche allerlei Hokuspokus und Wundermittel zu Markte trugen. Aber gerade diesen ging die Behörde am schärfsten auf die Kappe, weil dieselben im Geruche der schwer verpönten Zauberei standen. Das erfuhr zur Genüge Paul Streit, ein aus Braunseifen gebürtiger zu Brünn wohnhafter, angeblich 94jähriger Greis, der am Troppauer Jahrmarkte im Mai 1667 festgenommen und im Verlauf des Monates Juni vor Vogt und Schöppen daselbst verhört worden ist „unter Vorstellung des Scharfrichtes“, Er hat im Merodischen Regimente gedient und will von einem alten Weibe bei Ulm seine „Kunst“ gelernt haben, nämlich: das Fieber, die Gelbsucht, den Lendenstein (sic!) und die „schwere Krankheit“ (eine pestartige Kiankheit mit Beulen und Karbunkeln verbunden) zu vertreiben. Streit beschrieb seine Prozeduren ins einzelne. Beim Fieber muß sich der Patient auf den Bauch niederlegen und beide Hände ausstrecken, dann werden bei den Fingerspitzen und beim Mund Grübel gemacht und in jedes dreierlei Getreide (von welchen Sorten man will) geschüttet, dazu auch in jedes Grübel /2 Seitel Wasser gegossen. Dieses Wasser muß der Patient mit einem Strohhalm oder „Liebstöckelröhrle“ aus allen Grübeln des Tags einmal trinken und wenn das Fieber nicht auf einmal vergeht, solches drei Tag wiederholen; beim Trinken hat er zu sprechen: »Da trinke ich N. aus Gottes Kraft, aus Gottes Macht, aus Gottes Blut, das ist mir für 72 Flüß gut. Das helf mir Gott der Vater, Gott der Sohn, Gott der h. Geist.« Das muß man bei jedem Grübel dreimal sprechen, tut in drei Tagen 27mal. Der „Meister“ aber muß mit dem rechten Fuß übers Kreuz die Grübel zutreten und sprechen: “Zieh‘ aus du leidige Gicht, was den Menschen bricht was ihn sticht was ihn beißt was ihn reißt wirst du nicht heut ausziehen, daß ich dich nicht mehr befinde, so will ich dich zum Bauern führen, dich binden, will dich quälen, will dich peinigen. Ziehe in das wilde Meer, wo du bist hergekommen. Das helf‘ uns Gott u.s.w.“

Auf dieselbe Weise vertrieb Streit auch die »Fras« und die Gelbsucht. Wer den Lendenstein hatte, bekam drei Kieselsteine bei sich zu tragen, über welche der Meister ein Kreuz gemacht und gesprochen hatte: »Ist heut Freitag, ein gebenedeiter Tag, da Jesus an die Marter trat Ach Gott der Herr ging aus in den Garten, er sollt seine bittere Marter auswarten. Da war ihm vor Ängsten so heiß, er sahe gen Himmelreich u.s.w.“

Der Meister behauptete viele Leute in Böhmen, Mähren und Schlesien kuriert zu haben, darunter 6 Geistliche in Königsfeld bei Brünn, zu Sternberg und zu Giebau. Streit war aber denunziert worden, daß er auch Zauberkünste praktiziert habe,-nämlich, „daß man Glück zum - Schank, zum Verkaufen und zum Schießen habe, oder daß einem die Menschen, wohin man will, nachgehen müssen.“ Alles das leugnete der Meister hartnäckig, auch zu der Kunst des Schatzfindens wollte er sich nicht bekennen, trotz zweimaliger Vorstellung des Scharfrichters. Gemäß dem Urteil des Stadtgerichts vom 23. Juli 1667 ward der Greis Sonntags während des Gottesdienstes an das Halseisen bei der Pfarrkirche gestellt und sodann durch den Gerichtsdiener aus der Stadt geschafft. (Kriminalregister in der Museums-Bibliothek.)

Daß- Schäfer von altersher Kurpfuscherei getrieben und nicht selten glücklich kuriert haben, ist allgemein bekannt. Ehedem galt ihre ärztliche Tätigkeit sogar als gemeinnützig, aber in, Stadtgebiete durfte sie doch nicht ausgeübt werden, das litten die Barbiere nicht. Trotzdem wurden die Schäfer von den Stadtleuten jederzeit viel in Anspruch genommen. Der Henker war, wie überall, auch in Troppau der offizielle Arzt der Malefikanten, deren Glieder er durch die Tortur verrenkt hatte. Seine hierbei erworbene Handfertigkeit kam auch unbescholtenen Mitmenschen zustatten, nur mußte dies insgeheim geschehen, weil jede offenkundige Berührung mit dem Freimann den Makel der Unehrlichkeit nach sich zog. Im Jahre 1685 erhielt der Ratiborer Henker Jakob Gloria von Kaiser Leopold 1. den ehrlichen Namen; er hatte glückliche Kuren gemacht und wollte sich weiter als Arzt ausbilden. (Weltzel, Geschichte von Ratibor 279). Bevor wir zur Besprechung der akademisch gebildeten Arzte schreiten, die im 16. bis 17. Jahrhunderte ihre Praxis in Troppau ausübten, müssen wir zwei Namen anführen, deren Träger zu Troppau geboren waren, durch ihren Gelehrtenruf der Vaterstadt Ehre gemacht, vielleicht auch eine Zeitlang daselbst praktiziert haben, wenngleich uns beglaubigende Daten hiefür nicht zur Verfügung stehen. Dr. Franz Emerich, geb. 1497, studierte an der Wiener Universität, ward 1525 Magister, 1536 Doctor und Lehrer der Chirurgie, später der praktischen Medizin an dieser Hochschule, begründete hier den klinischen Unterricht und publizierte auch mehrere medizinische Schriften. Er starb 1560. In seinem Testament d.d. 5. Mai dieses Jahres legierte er 2000 fl. rhein. zu Stipendien für drei Studenten der Wiener Universität, von denen einer ein Troppauer Bürgersohn sein sollte, „aus besonderer Lieb und Neigung, so er zu der Stadt und derselben Bürgerschaft getragen.“ Das Stipendium besteht bis auf den heutigen Tag. (Schrauf, Matrikel — Brünner Sekt Schriften Xl. 135. - Kopie des Stiftsbriefs im Tropp. Stadtarchiv).

Dr. Wenzel Lavinus von Ottenfeld, geb. um 1550, besuchte zuerst die Lateinschule der Heimatstadt. Den 17. Okt 1558 erscheint er unter den an der Wittenberger Akademie lnskribierten. Später kam er in das Haus der mährischen Zerotine und begleitete den Karl v. Zerotin auf dessen Studienreisen. Auf Fürsprache dieser mächtigen Adelsfamilie erhielt Lavinus mit kais. Diplom vom 27. Febr. 1578 den Adelstand. Nachdem er eine Reihe von Jahren als Leibarzt Karls v. Zerotin auf mährischen Schlössern zugebracht, ließ er sich behufs Ausübung seines Berufs in Prag nieder, ohne jedoch seine freundschaftlichen Beziehungen zu dem gewesenen Zögling abzubrechen. Am 9. Okt. 1598 ladet Karl v. Zerotin den Dr. Lavinus zum Besuch auf Schloß Rositz ein, vier- Jahre später war der letztere nicht mehr am Leben. Zerotin, selbst einer der gelehrtesten Staatsmänner seiner Zeit, bezeugte dem Hingeschiedenen seine Dankbarkeit und Verehrung durch ein Denkmal. Im Jahre 1602 sendet er eine Skizze des Denkmals an den zu Basel als Professor wirkenden Dr. Amand Polan (Sohn des Troppauer Stadtschreibers Heinrich P.) mit dem Ersuchen, eine passende Inschrift durch dortige Gelehrte verfassen zu lassen. (Album academiae Vitenberg. — Brandl, Spisy Karla z Zerotina 1. — Schimon, Adkl von Böhmen etc.)

Seit der Mitte des 16. Jahrhunderts werden die größeren Städte des  Oppalandes fast in jedem Dezennium ein- oder mehrere mal von der Pest heimgesucht, so 1572 und 1573. Um diese Zeit erscheint der erste Doktor der Medizin als ständiger Arzt in Troppau. Es ist Johann Bartholomäus, unbekannter Herkunft, jedenfalls kein Landeskind. Er tritt uns entgegen in einer Klage, die er 1575 Freitag nach Judica beim Troppauer Landrecht gegen den Abt von Welehrad  Jakob Bilsky von Bila auf Bezahlung des Honorars von 90 fl. ungarisch eingereicht hat. Nach der Angabe in der Klagschrift hat der Abt, welcher wahrscheinlich vor der auch in Mähren grassierenden Seuche auf sein Gut Bolatitz geflüchtet war, Donnerstag nach Lichtmeß 1573 seinen schwer erkrankten Prior Martin sowie einen zweiten kranken Diener nach Troppau gebracht Nach sechswöchentlicher Behandlung durch Dr. Bartholomäus konnten sie geheilt heimreisen. Warum der Abt nicht zahlen wollte, erfahren wir nicht. Vielleicht fand er die Forderung zu hoch. Zum Verhandlungstermin erschien weder der Kläger noch der Geklagte, sie mochten sich inzwischen verglichen haben. (Ladungsbuch X. f. 184.) Der Doktor übersiedelte bald darauf nach Olmütz. Er war vermögend und eifriger Protestant. Den 24. Mai 1578 stellt ihm das Domkapitel einen Schuldschein über 800 fl. aus; Bischof Stanislaus Pawlowsky bezeichnet ihn 1586 als »lutherischen Hauptrebellen«. (Kopiarien 16, 17. im erzbischöfl. Arch. zu Kremsier zuletzt wird Dr. Bartholomäus erwähnt 1599 und zwar als Herr des Gutes Wratimow im Teschnischen, das er das Jahr zuvor von Herrn Siegmund Sedlnitzky käuflich erworben hatte. (Ebendort 35 f. 76).

Länger als der angeführte Arzt wirkte in Troppau der aus Breslau gebürtige Dr. Wenzel Meerrettig (Raphanus). Er wird als »Physikus der Stadt Troppau, lobenswerter Dichter, Besitzer einer ausgewählten Bibliothek und als vertrauter Freund des großen Andreas Dudith bezeichnet. (Moravia 1841 p. 115 nach Hentschels Jatrologia Silesiae.) Im Jahre 1558 weilt er als Student in Wittenberg, 1571 bereits als graduierter Arzt in der Vaterstadt; von hier aus sendet er dem Herzog Georg II. von Brieg auf dessen Begehren allerlei Sämereien von schönen Blumen und erklärt sich bereit, Samen von anderen Kräutern und Blumen zu liefern, deren er mehr als 400 aus Italien mitgebracht habe. (Schles. Provinzialblätter 1864, S.36). In Troppau begegnen wir ihm zuerst im Jahre 1579, wo berichtet wird, daß Dr. Meerrettig die Schriften des böhmischen Bruders Esrom verbreitet (Casopis Mat. Mor. 1907, p. 202.) Die Bekanntschaft mit diesen Schriften dürfte auf die Beziehungen des Arztes zu Andreas Dudith zurückzuführen sein, der sich eine Zeitlang für die Lehren der böhm. Brüderunität interessierte. Zum zweitenmal wird Dr. Meerrettig in Troppau erwähnt 1583 aus Anlaß einer lnjurienklage, die er gegen Herrn Heinrich Zigota von Slupsk bei der Landeshauptmannschaft angestrengt hatte. (Roky 1. 149.) Da er »Physikus« genannt wird, kann man ihn als den ersten mit Gehalt angestellten Stadtarzt ansehen, was bezüglich des Dr. Bartholomäus nicht feststeht. Dr. Meerrettig hatte das große Sterben von 1582 und 1584 mitzumachen, das so viele Einwohner hinwegraffte, daß der alte Friedhof bei der Pfarrkirche unzureichend ward und ein neuer außerhalb der Stadtmauern (Area des bürgerl. Bräuhauses) angelegt werden mußte. Im Jahre 1595 wird er als Besitzer eines Freihauses auf dem Oberring angeführt (höchstwahrscheinlich das jetzige k. k. Zollamtsgebäude) und erscheint zugleich als Gläubiger der Kommune mit dem Betrage von 200 fl. Obwohl der Rat erklärte, daß der Doktor diese Summe bar dargeliehen, meinte der Gemeindeausschuß, „der Betrag sei wegen seiner BesoIdung angewachsen und angestanden, weil er ohne Geld kein Gutes tut. Die Gemeinde könne ihn wohl entraten und soll das Geld zur Kontribution verwendet werden, es sei denn, daß der Schuldbrief vorhanden wäre.« (Acta des Schuldenwesens. Manuskr. in der Mus.Bibl. F.154, 162).


Weil die Pest seit zehn Jahren ausgeblieben war, erschien der Gemeinde die Besoldung eines Stadtarztes als Luxus. Aber schon 1599 stellte sich die Epidemie wieder ein. In dieses Jahr fällt auch Dr. Meerrettigs Tod; vielleicht erlag er selbst dem grimmigen Feinde, den zu bekämpfen er berufen war. Ein Bruder und zwei Schwäger des Verblichenen verglichen sich den 21.Jänner 1600 mit seiner Witwe wegen der Erbschaft. (Abschiedsbuch F.2).

Im August 1589 war der mährische Oberstlandrichter Johann von Boskowitz, Herr auf Mähr.-Trübau, gestorben. Der Landschaftsarzt Dr. Simonius wurde beschuldigt, dem Herrn durch übermäßiges Medizinieren den Garaus gemacht zu haben; er wehrte sich gegen diese Beschuldigung mit der Behauptung, daß nicht er, sondern andere Doktoren, namentlich der Troppauer, dem Patienten Medizinen durch den Mund eingeflößt haben. (Kopiarium bischöfl. Korresp. 27 F. 178, Arch. Kremsier). Daß der Anwurf dem Dr. Meerrettig gelten sollte, ist mehr als zweifelhaft, denn gleichzeitig mit diesem praktizierten in Troppau andere Ärzte. Dr. Mathias Montfort aus Troppau wird 1585 nebst anderen Herren von dem Stadtrate zu Neutitschein gastlich bewirtet, (Beck, Gesch, von Neutitschein 234), ferner 1589 in einem Troppauer Stadtbuch erwähnt. 1595 erbietet er sich, der Stadt 300 fl. darzuleihen (Acta des Schuldenwesens, F. 145). Weitere Nachrichten über denselben liegen nicht vor.

Dr. Georg Kuntschius war nach Hentschel (Jatrologia) 1533 zu Bielitz geboren, sodann Arzt und Physikus zu Troppau, wo er 1600 gestorben sein soll. In hiesigen Quellen geschieht seiner keine Erwähnung. Hingegen fungierte hier als Stadtphysikus der Bielitzer Dr. Jeremias Kuntschius (Kuntschik); er war Nachfolger Dr. Meerrettigs. Hentschel gibt als sein Geburtsjahr 1538 an, was kaum richtig ist, da er erst 1582 zu Frankfurt a./O., 1584 zu Heidelberg den Studien obliegt. Um 1597 lässt sich Dr. Kuntschik in Troppau nieder und heiratet daselbst die Witwe des Ratsherrn und Apothekers Thomas Siraw. Kurz zuvor, den 3. Oktober 1596, hatte er den Adelstand mit dem Prädikat „von Breitenwald“ erhalten (Schimon, Adel, wo er wohl irrtümlich Thomas genannt wird). Die Flitterwochen mögen ihm nicht wenig verbittert worden sein durch die Forderung der Kommune, alte Reste und »Mängel« zu begleichen, die seinem Vorwirt Sirawy als Verwalter verschiedener Ratämter Bauamt, Waldamt u.s.w aufs Kerbholz geschrieben waren. (Acta d. Schuldenw. 476, 493,) Aus unbekannter Ursache hatte sich der Doktor das Übelwollen des Apothekers Jahann Pantagius zugezogen, von dem er nächtlicher Weile insultiert wurde. Durch Spruch des Stadtgerichts vom 8. September 1600 wurde dem Exzedenten auferlegt, Abbitte zu leisten und in den Stadtarrest zu wandern (Abschiedsb. F. 35). Als 1607 die revoltierenden Troppauer sich zum Widerstande gegen das heranrückendeGeißberg‘sche Regiment anschickten, verließ Dr. Kuntschik die Stadt und begab sich nach Teschen. Am 20. September ersucht der dortige Fürstentumskanzler Herr Kaspar Rudzky den Troppauer Landeshauptmann Felizian Moschowski, dieser möge Haus und Apotheke des Doktors, der sieh als ein Getreuer des Kaisers von Troppau wegbegeben und nun des Kanzlers kranken Bruder kuriere, in seinen Schutz nehmen. (Orig. im Landesarchiv.) Zum letztenmal wird Dr. Jeremias Kuntschik erwähnt 1619, wo er den sogen. Gillerschen Hof vor dem Grätzer Tor (Bestandteil des späteren Klippelshofes) kaufte. Die Realität überging schon 1622 in andere Hände. Um diese Zeit dürfte der Arzt aus dem Leben geschieden oder ausgewandert sein. (Nach Hentschel starb er 1623.) Außer dem Sohne Gottfried, der 1659 als städtischer Wirtschaftsverwalter erscheint, hinterließ Dr. Jeremias mehrere Töchter, von denen eine an den Apotheker Jeremias Paschasius, eine an den Arzt Dr. Christian Konrad (s. weiter unten) verheiratet war.

Phil. und Med. Dr. Mathias Unger, geboren 1550 zu Troppau, studierte 1569 zu Frankfurt, 1570 in Wittenberg, zuletzt in Basel. Zwischen 1580-1587 ist er Schulrektor in Jägerndorf, verläßt hierauf das Schulfach, um sich der ärztlichen Praxis und der Landwirtschaft zu widmen. (Henelius, Silesiogr. renov. 1. 413 - Jahrb. f. Gesch, des Protest. in Osterr. 18. 5. 63.) Das Gut Dittmannsdorf bei Poln.-Neustadt, das er eine Zeitlang besessen, verkaufte er 1591 (Kais. Bestätigung d. d. 8.11. 1592 im Tropp. Land.-Arch.) und erwarb später einen Freihof in Ratschein (Tropp. Landt. X. 30 zum J. 1609). Uni diese Zeit hatte Dr. Unger seinen Wohnsitz in Troppau. Von hier aus ergeht seine Einladung an Herrn Karl d. Ä. von Zerotin zur Vermählung seiner Tochter Anna mit dem Troppauer Stadtschreiber Bernhard Martini von Baldhofen. Den 13. Februar 1612 wird in der St. Georgskirche die Tochter Ursula mit Balthasar Neander, Apothekerssohn aus Oppeln, kopuliert (Kirchenmatrikel). Der Doktor starb den 10. Juni 1614 zu Ratschein. Vier Kinder aus der ersten Ehe mit Judit Kyner von Scharfenstein (gestorben 1595) und ebensoviele aus der zweiten mit Margarete Scherfer überlebte ihn. (Tropp. Laud.-Arch.) Der Sohn zweiter Ehe Mathias widmete sich ebenfalls medizinischen Studien und lebte 1638 als Arzt in Ratibor (Weltzel, Gesch. von Rat. 288).

Dr. Lukas Giller von Lilienfeld entstammte einer bekannten Troppauer Patrizierfamilie, war Studiengenosse des Stefan Henelius in Breslau, weilte 1502 an der Frankfurter Akademie, promovierte 1604 zu Basel, war sodann Stadtarzt in Greiffenberg, später seit etwa 1614 Leibarzt des oben erwähnten Karl v. Zerotin (Henelius, Siles. renov. 411). Dieser schreibt 28. Februar 1618 dem Kardinal Dietrichstein, wenn er in Brünn keinen Arzt habe, wolle er ihm den Dr. Lukas schicken (Chlumetzky, Korrespondenz 2erotins II. isg). Den 7. April 1628 meldet Graf Oppersdorf, Landeshauptmann des Fürstentums Glogau, dem Bürgermeister von Gr.-Glogau: es sei das Verlangen nach einem güten katholischen Medikus geäußert worden; einen solchen habe er nun in der Person des Doktor Guller (sie!) aus Troppau gefunden, der zuvor ein arger Kalvinist war, diese Feiertage aber ein guter katholischer Christ werden wird. Während er dem Doktor auf eine frühere Bewerbung zur Antwort gab, man habe schon Ketzer genug in Glogau, rede!e er ihm jetzt selber zu, dahin zu kommen (Acta publica VII. 189). Karl v. Zerotin war 1628 ins Exil (nach Breslau) gegangen, um seine Religion nicht aufgeben zu müssen; sein Glaubensgenosse und Leibarzt ist aus demselben Grunde nach Schlesien gezogen, hat aber konvertiert, um nicht brotlos zu werden.

Med. Dr. Abraham Haunolt wird 1605 als Kläger in einer lnjuriensache angeführt (Abschiedsb. F. 27). Ob er hier ansässig gewesen, muß dahingestellt bleiben. Dr. Johann Lojek (Lojecius), geboren zu Oppeln als Sohn des kaiserl. Rentmeisters Nikolaus L., studierte in Wittenberg (1602), war also Protestant wie alle bisher angeführten Arzte. Kurz nach seiner Niederlassung in Troppau wird er am 15. November 1610 in der St. Georgskirche kopuliert mit der Reichkrämerstochter Katharina Pfinzinger, welche ihm ein Haus am Oberring (jetzt Or.-Nr. 3) zubrachte. Dr. Lolek machte alle Unruhen und Drangsale mit, welche Troppau nach 1620 heimgesucht haben. Auch er war mit Karl v. Zerotin persönlich bekannt. Auf einer Reise nach Mähren im November 1620 speiste er bei ihm auf dem Prerauer Schlosse; zu Straßnitz erfuhr er den Ausgang der Schlacht am Weißen Berge. Der Doktor saß eben beim Mittagstisch; vor Schrecken soll der Löffel, den er in den Mund führen wollte, seinen Händen entfallen sein. Seine Reisegenossen denunzierten ihn später, daß er damals heftige Injurien gegen das Haus Österreich geäußert habe. (Inguisitionsprotokoll im Liechtenstein. Hausarchiv.) Nach der Vertreibung der Dänen aus Troppau 1628 mußte auch Dr. Lojek wie die gesamte Bürgerschaft den katholischen Glauben annehmen. Er starb um 1640. Seine Tochter Magdalena vermählte sich am 2. September 1635 mit einem kaiserl. Offizier, Filipp Hirnhaim von Elsenberg. Sie ist die Mutter des berühmten Strahower Abtes Hieronymus Hirnhaim, den sie in dem oben angeführten väterlichen Hause 1637 geboren hat. (Kirchenmatrikel.) Dr. Mathias Giller von Lilienfeld, ein naher Verwandter des Dr. Lukas, wird 1623 zum erstenmal genannt Während der dänischen Okkupation 1626 -27 mit der Behandlung kranker Soldaten viel beschäftigt, erbat er zugleich mit Dr. Lojek vom Herzoge Joh. Bernh. von Weimar eine salva guardia und Befreiung von der Einquartierung. Dafür wurde ihm von der kaiserl. Exekutionskommission ein Pönale von 300 fl. auferlegt, aber 1635 nachgesehen. (Brünner Sekt.-Schriften 23; p. 88.) Gleich nach dem Abzuge der Dänen muß Dr. Giller katholisch geworden sein, denn er fungiert 1629- 1630 als Fürstenrichter in Troppau und 1632 kehrt Fürst Karl Eusebius  von Liechtenstein in des Doktors Hause ein (Oberring Or.-Nr, 5), da das fürstliche Schloß verwüstet war. Weder Giller noch sein Kollege Lojek scheinen eine fixe Besoldung von der Kommune bezogen zu haben, sondern nur für die einzelnen ärztlichen Leistungen honoriert worden zu sein. Als 1633 Troppau wieder einmal von einer pestartigen Epidemie heimgesucht wurde, flüchtete Dr. Giller nach Olmütz. Von dort schickt er den Ständen gedruckte Rezepte gegen die Pest, wofür sie ihm 20 Thaler verehren. (Landtagsprotokoll vom 17. November 1633). Bald darauf läßt sich der Doktor von den Ständen als Konzipist für deutsche Schriftstücke verwenden; 1639 bezieht er dafür monatlich 20 fl. Die ärztliche Prixis mochte ihm wenig behagt, daher auch wenig eingetragen haben.

Dr. Giller war mit Susanna, Tochter des Hans von Götz, Biergefällseinnehmer im Fürstentum Jägerndorf, und der Susanna geb. Dreßler von Scharfenstein, verheiratet. Nach dem Tode der Schwiegermutter (starb 1642) übernahm er aus deren Verlassenschaft ein Freihaus samt Hof (ehemalige Vogtei) in Jägerndorf, wohin er völlig übersiedelte. Das väterliche verschuldete Haus in Troppau ward 1644 verkauft. Der Käufer hatte auch die am 6. Oktober 1637 vom Verkäufer für die Dominikanerkirche errichtete Meßstiftung von 60 fl. zu übernehmen. (Kaufregister zum Jahre 1656.) In Jägerndorf prozessierte der Doktor zehn Jahre lang mit dem Magistrat, der die Privilegien seines Freihauses nicht gelten lassen wollte, und als der Prozeß 1653 zu Gillers Gunsten entschieden ward, entstand ihm ein neuer mit den Miterben seiner Gemahlin, die ihn eigenmächtigen Gebarens beschuldigten.

Dr. Giller starb 1655. Seine Nachkommen erlangten den Freiherrenstand. (Akten im Tropp. Landesarchiv. — Blüek, Adel von Österr.-Schlesien.)

Dr. Michael Gebhard war 1627-1629 in Troppau als praktischer Arzt tätig. Derselbe bezeugt d. d. Troppau, 28. Sept. 1929, daß er Herrn Samuel Blacha auf Dirschei vom 16. bis 20. August behandelt habe und „wenn er (Doktor) nicht durch köstliche Arznei die choleram oder Ausbrechung der entzündeten Gallen oben und unten ausgestillet und fleißig kuriert hätte, Herr Blacha gar leicht des Todes verbleichen können“. (Inquisit-.Protok. im Liechtenst. Archiv.)

In der Pfarrmatrikel wird zum 26. Nov. 1628 als verstorben erwähnt ein Med. Dr. Sebastian Siegfried, dessen Tochter damals mit dem Binder Bartel Leischner kopuliert worden ist. Den 12. August 1659 hatte der Büchsenschifter Hans Engelbrecher den Tischler Hans Schick durch einen Büchsenschuß schwer verletzt. Zur gerichtlichen Beschau wurden als Sachverständige alle drei Troppauer Barbiere zugezogen, von denen Vollrat Zeitheim den Verwundeten kuriert hat Den 28, Febr. 1663 hatte wieder der 32 jährige Kürschner Heinrich Scholz sein 17jähriges schwangeres Weib samt dem Kinde im Mutterleib durch einen Messerstich ums Leben gebracht. Diesmal fungierten als Sachverständige die drei Barbiere, ein Bader, eine Hebamme und außerdem der Med. Dr. Thomas Godeidus à Campo, der ein bombastisches Gutachten in lateinischer Sprache abgab. (Kriminalregister in d. Mus.-Bibliothek.)

Es steht dahin, ob der genannte Doktor für kurze Zeit Troppauer Stadtarzt gewesen, oder wegen der ungewöhnlichen Kriminalfalles ad hoc von anderwärts berufen worden ist. Der Name kommt hier sonst nicht vor. Damals lebte in Troppau noch ein zweiter graduierter Arzt Dr. Balthasar Ciriacus Nimsdorfer. Er kommt seit 1647 vor, heiratet Frau Sabine Veronika, Witwe nach dem Bürger Paul Albrecht und Besitzerin des Hauses Nr. 25 Oberring (neben dem Gasthaus zur gold. Krone), gelangt bald in den Stadtrat und fungiert 1660-1670 wiederholt als Bürgermeister. Den 4. August 1687 wurde er in der Torhalle der Pfarrkirche zur ewigen Ruhestätte. Sein Haus gedieh mit der Hand der Witwe Eva Rosine (zweite Gemahlin) an den städtischen Buchhaltereiadjunkten Johann Kaspar Sedlitzky. (Pfarrmatrikel und Kaufregister.)

Christian Kunrad, geb. zu Breslau 1608 als Sohn eines angesehenen Arztes, weilte einige Zeit behufs medizinischen Studiums in Straßburg, scheint aber das Doktordiplom nicht erlangt zu haben. Als praktischer Arzt betätigte er sich zunächst in der Vaterstadt, später (1654) am fürstlichen Hofe zu Teschen, darauf in Ratibor und zuletzt seit etwa 1660 in Troppau. In zweiter Ehe vermählte er sich mit Anna, Tochter des t Dr. Jeremias Kuntschik. Im Jahre 1668 bewarb sich Kunrad ohne Erfolg um die Stelle eines Landesphysikus (Landtagsprot. v. 16. Juli). In einem Stadtbuch wird er 1669 medicus und physicus genannt, mochte also Stadtarzt gewesen sein. Er starb 1671 und wurde den 6. Jänner in der Dominikanerkirche begraben. Seine Witwe folgte ihm 1677 ins Grab. Die Tochter Marianna hatte am 23. August 1671 den Musterschreiber Heinrich Czander geheiratet. Christian Kunrad hat in seinen jüngeren Jahren (bis 1637) eine namhafte Anzahl lateinischer und deutscher Gedichte verfasst. Mit 21 Jahren wurde er poeta laureatus; Martin Opitz selbst, sein Freund und Meister, setzte ihm 1629 die Dichterkrone auf, die er für ihn vom kais. Pfalzgrafen, Domdechanten Nikolaus v. Troilo erbeten hatte. (Näheres hierüber in einem Aufsatze Max Hippes in der Festschrift Silesiaca, Breslau 1898).

Dr. Paul Andreas Hofer bat im November 1676 um Verleihung des Landesphysikats, wurde abgewiesen, (Land.-Prot. vom 13. Nov.), blieb jedoch in Troppau und vermählte sich hier am 17. Okt 1678 mit Susanna, Tochter des Apothekers Daniel Weizinger. Im Jahre 1681 petierte er nochmals und wieder vergeblich um Aufnahme in den Dienst der Landstände. (Land.-Prot. v. 4. März). Er lebte noch 1700, dürfte aber nicht in Troppau verstorben sein. Den 22. Jänner 1704 ist das seiner Gemahlin gehörige Haus (Töpfergasse Or.-Nr. 11) gerichtlich verkauft worden.

Dr. Georg Ignaz Burian von Firlei, Sohn des vornehmen Bürgers Gallus B. in Ratibor, vermählte sich zu Troppau am 25. Juni 1684 mit Anna Maria, Witwe nach dem hiesigen Bürger Johann Leop. Irmler, wurde Stadtphysikus, starb aber schon 1689 (bestattet am 15. März in der Dominikanerkirche). Mit welchem Recht er das Prädikat „von Firlei“ führte, bleibt unaufgeklärt. Den 3. April 1690 ging die Witwe eine neue Ehe ein mit dem Rentmeister Joh. Matthias Frühauf. Der Nachfolger Dr. Burians im Stadtphysikat, Dr. Gottfried Böhm, führt uns ins 18. Jahrhundert hinüber. Er starb den 10. Okt. 1709. Von da läuft die Reihe der Troppauer Stadtärzte lückenlos fort. Es bleibt uns noch übrig, nach den Landesärzten der älteren Zeit, die auch ihren Sitz in Troppau hatten, Umschau zu halten. In Mähren waren schon seit 1570 Landesärzte angestellt, die einen Gehalt von etwa 400 fl. bezogen. Die Stände des Fürstentums Troppau entschlossen sich erst mitten im 30 jährigen Kriege, als in der Hauptstadt überhaupt kein gelehrter Arzt zu haben war, ein solches Institut zu schaffen; aber der Bestand desselben war bis zum Ende des 17. Jahrhunderts kein dauernder. Die Landeskassa war leer, die unter dem Drucke der Militärlasten seufzenden Stände trachteten, den kaum angestellten Arzt wieder abzuschaffen und ließen sich erst nach Jahren wieder herbei, einen neuen Medikus zu berufen. Ungünstige Erfahrungen, die man mit einzelnen der Angestellten machte, trugen auch dazu bei, daß sich das Institut lange Zeit nicht einleben konnte.


Als erster Landesmedikus erscheint 1643 Dr. Johann Irmler, vermutlich ein Troppauer. Doch läßt Landeshauptmann Bernhard von Wrbna am 16. November d. J. dem Barbier Paul Nitschmann 2 Scheffel Korn aus dem Landesprovianthause verabfolgen, dafür, daß der Barbier seinem Sohne Ader gelassen und »jetz under diesen Schaden heilen tut.« (Land.-Arch.) Den 26. juni 1644 mahnt Dr. Irmler um Bezahlung seines Gehalts; der Landtag beschließt, daß ihm gegeben werde, was man ihm schuldet, gegen Ausfolgung seines Bestallungsdekrets. Der Doktor war somit entlassen und suchte sein Glück weiter in Mähren; 1657 ist er Landesarzt in Olmütz. (Sekt.-Schrift. 23, S. 340).

Erst zehn Jahre nach dem Abschluß des großen Krieges erhielt das Fürstentum wieder einen Medikus. Am 18, Dezember 1659 meldet Graf Georg Stephan von Wrbna, damals fürstlicher Statthalter, den Landsassen, er habe im Einvernehmen mit den 4 Landesdeputierten einen [.andesarzt mit 400 fl. Gehaltaufgenommen. Es war ein Dr. Albrecht. Im Juli 1661 schuldeten ihm die Stände bereits 500 fl.; auf das vom Doktor eingelaufene Mahnschreiben beschloß man, die Hälfte des Betrages zu bezahlen, wegen des Restes sollte er zuwarten. Am 10. Oktober desselben Jahres erklärte der Landtag, man könne den Medikus nicht länger als ein Vierteljahr besolden. Trotzdem blieb er noch 5 Jahre, weil die Stände außerstande waren die rückständigen Beträge zu erlegen und immer wieder seine Dienstzeit verlängerten. Ein Landtagsschluß vom 8. juni 1665 besagt, der Landesdoktor, welcher wenig Nutzen schafft, sei nach Verlauf eines Jahres zu entlassen. Im März 1666 wird dieser Beschluß erneuert und dem Medikus 60 fl. Reisegeld bewilligt. Dr. Albrecht ging aber trotzdem nicht. Denn im Landtagsschluß vom 1. September 1666 heißt es: »Dem Doktor, welcher noch immer freiwillig im Lande weilt, soll der erst im März 1667 fällige Jahresgehalt sofort ausgezahlt werden, womit ihn die Herren Stände definitiv entlassen.«

Nach Dr. Albrechts Abgange hat sich, wie schon oben erwähnt worden, Christian Kunrad 1668 ohne Erfolg um das Landesphysikat beworben. Erst im Mai 1672 wurde der zu Prag promovierte Dr. Martin Podiwinsk von Podiwin(Ein Tobias Podiwinsky von Podiwin, Gutsbesitzer bei Kuttenberg, hatte 1615 den Adelstand erhalten- (Schimon.))  mit 300 fl. Jahresgehalt angestellt, den man ihm mit dem Jahre 1674 auf 360 fl.. erhöhte. Für den überaus rührigen und ehrgeizigen Mann war das Fürstentum zu klein. In der Landtagssitzung vor 23. Oktober 1674 ward die Beschwerde vorgebracht, daß der Doktor beständig auf Reisen und, wenn man ihn braucht, nicht zu finden sei; zugleich erfolgte der Beschluß, Dr. Podiwinskj mit vierteIjährige Kündigung zu entlassen und einen anderen Arzt zu suchen. (Dr. Podiwinsky war vermählt mit Eva Maria, Tochter des Jägerndorfer Obersteuereinnehmers Christian Jäckel, erhielt durch kaiserl. Dekret vom 20. Februar 1675 den Titel und die Freiheit eines Hofmedikus und starb als Landschaftsphysikus der Grafschaft Glatz am 22. Juli 1683. (Akten im Tropp. Land.-Arch.)) Man hatte nicht nötig sich mit dem Suchen abzumühen; Kompetenten fanden sich von selbst wurden jedoch abgewiesen mit der Begründung, daß man derzeit keinen Arzt brauche. So erging es 1676 dem Dr. Paul Hofer. Den 17. März 1677 schlug Graf Georg Stephan v. Wrbna vor, wieder einen Doktor mit 500 fl. aufzunehmen; der alternde Graf besaß aber nicht mehr den Einfluß, welchen er einst als Statthalter ausgeübt hatte, und sein Antrag wurde verworfen. Im März 1681 erneuerte Dr. Hofer seine Bewerbung mit demselben Mißerfolg. Erst mit dem Beginn des 18. Jahrhunderts erhielt das Fürstentum einen Landesarzt in Dr. Johann Piskurek, der 1668 zu Troppau geboren, am 26. November 1739 daselbst gestorben ist. Weiterhin blieb das Amt nicht mehr unbesetzt. Einen willkommenen Aufschluß über die Obliegenheiten der damaligen Landesärzte und die gesamte Sanitätspflege des 17. Jahrhundertes liefert ein Patent des Jägerndorfer Landeshauptmannes Jakob von Eichendorf vom 22. Jänner 1665, womit kundgemacht wird, unter welchen Verpflichtungen Med. Dr. Georg Götz Von der Wiener Fakultät als Medicus und Physicus vom 1. Jänner d. J. ab bestellt worden ist Die Verpflichtungen waren folgende:

1. Der Doktor hat in Jägerndorf zu wohnen, und wenn er hier die Wohnung verläßt, jedesmal Nachricht zu hinterlassen, wo man ihn finden könnte.

 2. Außerhalb des Fürstentums kann er nur auf vier Meilen Entfernung von Jägerndorf Anderen dienen und darf ohne besondere Erlaubnis der Landesdeputation (ständischer Ausschuß) nicht über drei Tage außer Landes verweilen.

3. Bei jeder Epidemie hat er nicht nur persönlich zu kurieren, sondern auch quoad praeservandum das Nötige vorzukehren.

4. Er hat auch die Praxis Anderer zuzulassen und insbesondere mit Herrn Laßmann als älteren practico Einvernehmen zu pflegen.

 5. Apotheker, Barbiere, Bader und Hebammen unterstehen seiner Aufsicht, er mag sie auch examinieren.

6. Es sollen keine Landfahrer zugelassen werden, um auf Jahrmärkten zu kurieren oder ihre Sachen zu verkaufen, bis der Doktor sie examiniert und seine Zustimmung gegeben hat.

7. Er hat die Apotheken in Jägerndorf und Bentsch (Bennisch) wenigstens einmal im Jahr zu visitieren und auch so es tunlich, mit Zuziehung des Rats eine Medikamententaxe anzurichten.  Der Doktor erhält aus der Landeskasse 200 Thaler, von der Stadt Jägerndorf Wohnung, Licht, Holz zur Beheizung und drei Tönnlein Butter ä zehn Quart. - Das ärztliche Honorar bleibt bei den Herren Ständen auf deren Diskretion gestellt, sonst beträgt es bei Einheimischen per Meile nebst Fuhr und Beköstigung 12 Silbergroschen, in den Städten per Visite 6 Sgr.; für Untersuchung des Wassers oder Bluts in seiner Wohnung 2 Sgr., für ein Rezept in der Wohnung 3 Sgr. - Die Bestallung gilt auf ein Jahr mit vierteljähriger Kündigung. (Land.-Arch.)

 

 

 

 

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