Die Liechtensteinsche Inquisition in den Herzogtümern Troppau und Jägerndorf aus Anlaß der Mansfeldschen Rebellion 1626-1627

3. Die dänische Herrschaft bis zum Frühjahr 1627.

Dieser Artikel schildert die Hintergründe der Inquisition in Troppau - aus genealogischer Sicht ist interessant, dass mehr als 1500 Personen in den Protokollen erwähnt werden, oft mit Herkunft und Beruf. Da die Kirchenbücher in manchen Orten oft nur mehr wenig Auskunft geben können, handelt es sich bei den vollständig erhaltengebliebenen Inquisitionsprotokollen um Quellen von besonders großem Wert.

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3. Die dänische Herrschaft bis zum Frühjahr 1627.

In Oberschlesien ließen die Dänen nur etwa 1000 Mann zu Fuß unter den Obersten Ranzau, der mit 5 Fähnlein Troppau und Baudissin, der mit 4 Fähnlein Jägerndorf besetzt hielt, außerdem etwas Reiterei in anderen Orten verteilt zurück [15]. General—Kriegskommissär Mitzlaf hatte sowohl die militärische als politische Oberleitung. Er ist ein Mann der Gewalt, sein Auftreten auch gegenüber armen Teufeln das eines Unholds. Den Besitzer des Gutes Weissak Christian Kühner von Scharfenstein, der eine Beschwerde über die Plünderung seines Besitzes vorzubringen wagte, hat er so grimmig angefallen, daß derselbe ohnmächtig zusammenbrach und bald darauf den Geist aufgab. Dem städtischen Wachtmeister hieb er mit dem Degen eine Wunde über den Kopf, den Stockmeister ließ er durch den Scharfrichter mit der Tortur bedrohen und den Pfarrer von Leitersdorf derselben wirklich unterwerfen. Der dänischen Sache kamen Mitzlafs Energie und Terrorismus allerdings zustatten.

In recht brutaler Weise ward für das Fürstentum Troppau ein neuer Landeshauptmann installiert. Der katholische Herr Nikolaus Hynek von Krawarz und Tworkau auf Stettin hatte sich bis jetzt von Troppau ferngehalten. Den 3. September 1626 erschien Mitzlaf selbst mit einem Reiterhaufen in Stettin und führte den Gutsherrn nach der Stadt ab. Das Stettiner Schloß verfiel selbstverständlich der Plünderung. Ein 8-tägiger Arrest machte den etwas schwachsinnigen Gefangenen so mürbe, daß er den geforderten Handschlag tat und in der ständischen Versammlung sich einfand, um über einige von dem Kriegskommissär gemachte Propositionen mitzuberaten, darunter auch die Forderung, daß die Landsassen ihr Gesinde mit der gebührenden Anzahl von Pferden (die sogenannten Giltpferde der Rittergüter) zum Wachdienst gegen die Kaiserlichen stellen sollen. Ober Vorschlag des Karl Prama wurde Herr Niklas Hynek wider seinen Willen von der Versammlung zum Landeshauptmann «ausgeschrieen» und genötigt, die Abstimmung vorzunehmen, sowie die erforderlichen Patente den Gutsbesitzern zuzustellen[16]. Für die Beschaffung der notwendigen Geldmittel sorgte Mitzlaf durch Eintreibung alter Steuerreste, Vorschreibung regelmäßiger Kontributionen, Beschlagnahme öffentlicher Gelder und Privatgüter, sowie durch eine schändliche Falschmünzerei. Sehr willlkommen war ihm die in der Troppauer Landeskassa vorgefundene Summe von 14.000 Talern, die mit Zustimmung der Stände ausgeliefert wurde; kleinere Beträge zwang er den Einnehmern der kaiserlichen Zoll- und Biergefälle ab. Ein von dem Adel des Fürstentums für Karl von Liechtenstein mühsam zusammengeschossenes Donativ von 2400 Dukaten, dessen Vorhandensein jemand dem Kommissär verraten, überließ dieser dem Troppauer Rate, womit sich derselbe für eine bei den Ständen ausstehende Forderung von 5000 fl. bezahlt machte.

In Jägerndorf war weniger zu holen. Mitzlaf hatte sich hier schon am nächsten Tage nach dem Einzuge des Obersten Baudisin eingefunden, um nach fürstlichen Mobilien und Steuergeldern zu fahnden. Da der Steuereinnehmer Georg Leonhard angab, die Gelder (etwa 3500 Taler) vor kurzem nach Breslau abgeliefert zu haben, ward er von dem Kommissär «mit dräuenden Worten grimmig angefallen» und nach Troppau mitgenommen, um hier genaue Rechnung zu legen. Es ergab sich ein Kassabestand von 405 Talern, davon die Hälfte in schlechtem Gelde; Leonhard mußte jedoch die volle Summe auszahlen (siehe Leonhards Bericht bei den Jägerndorfer Akten, auch wörtlich abgedruckt in Acta publica VI. 331) und sein Amt auch fernerhin für die Dänen versehen. Ebenso blieb der fürstliche Rentmeister Wenzel Franz im Amte. Dagegen wurden der Burggraf Joachim Meisinger und Fürstenrichter Johann Krueg auf Schloß Grätz gefangen gesetzt. An des ersteren Stelle trat der Schulmeister von Bleischwitz Elias Hamman, der sich stolz General-Burggraf nannte. Der Adel des Fürtentums leistete den Handschlag in Troppau, wohin ihn der Kommissär beschied. Mit Rücksicht auf die notorische Willfährigkeit der Jägerndorfer Ratsherren mochte ihnen Mitzlaf das Gelübde der Treue erlassen haben, obwohl auch gegenteilige Angaben vorliegen. Die Gemeinde wurde vom Obersten Baudissin auf dem Ringe in Eid genommen. Da von Steuerresten im Jägerndorfischen wenig einging, ernannte Mitzlaf durch Dekret vom 6. Oktober den Landkämmerer Bernhard Dobschitz von Plauen auf Wrbka zum Verwalter der Landeshauptmannschaft, der die Einzahlungen schärfer zu betreiben hatte. Außer den Resten war damals zum Gallitermin eine neue Steuer von 25 Taler per mille (der bestehenden Schatzung) abzustatten. Aus den fürstlichen Kammerdörfern bezogen die Dänen an Erbzinsen im ganzen 1800 Taler.

Die Falschmünzerei wurde im Großen betrieben. Schon vor dem Einrücken der Dänen war ihr Münzmeister in Troppau eingetroffen. Es ist der berüchtigte Balthasar Zwirner aus Öls. Als Bestandsinhaber mehrerer kaiserlichen Münzstätten wegen Malversationen im Jahre 1624 zu Wien verhaftet, in folgenden Jahre gegen Revers freigelassen, bewarb er sich im Jänner 1626 erfolglos um die Überlassung der Münze in Mähren und stellte sich endlich in die Dienste der Dänen. Als Zwirners Genosse und zweiter Münzer wird Daniel Raschke aus Ratibor genannt. Zuerst wohnten beide im Kleinhaus des Perlhefters Christof Traurig (jetzt Herrengasse Nr. 8), den sie als Verwalter oder «Hofmeister» aufnahmen. Als das Geschäft in rechten Gang kam, übersiedelte Raschke in das Haus des Ratsherrn Johann Anderle (um 1900 Töpfergasse Nr. 11, dem Dr. Eibuschitz gehörig) und Zwirner zog zu Friedrich von Roß, der das Haus des nach Olmütz geflüchteten Herrn Berthold von Krawarz (Bltichersches Palais in der Herrengasse) okkupiert hatte und Teilhaber des Münzgeschäftes war. Die Münzstätte selbst befand sich nicht in Troppau, sondern in den, nahen Grätz.


Dort wurden beschäftigt als Eisen- oder Stempelschneider Tobias Hartmann aus Jägerndorf, Martin Zetter (?)‚ Hans Bauer, Paul Beck und Erasmus JIl als Präger, der Troppauer Goldschmied Hans Georg als Silberabtreiber oder«Weißmacher». Der Wardein, dem Namen nach unbekannt, war der Schwiegersohn eines Goldschmiedes aus Oppeln. Der Troppauer Schlosser Zacharias Höppner, genannt «Rübenschwanz», hat in der Münze über 20 Wochen gearbeitet; er hatte die «Obereisen» und sonstiges Werkzeug zu machen. Als er die Arbeit dortselbst aufgegeben, wurde Daniel Fleischer aus Jagerndorf mit dem Wochenlohn von 18 Talern hiezu berufen. Im Ganzen soll Zwirner an 50 Personen beschäftigt haben. Es wurden Kreuzer und sehr geringhältige Silber- groschen und Vierundzwanziggroschen geschlagen mit dem Bildnisse des Kaisers aber ohne Zwirners Münzzeichen (B Z). Silber brauchte man wenig, «Kupfer

tat das meiste» und dies lieferten die zusammengeraubten Braupfannen, deren 45 zu Grätz vermünzt worden sein sollen. Friedrich von Roß, der dieses Material durch seine Rosse in die Münze schleppen ließ, wird «Direktor über die Braupfannen» genannt. Nach einer Angabe, deren Richtigkeit sich nicht mehr nachprüfen läßt, hat er von Zwirner wöchentlich (auch für Wohnung und Verköstlgung) 100 Reichstaler bezogen. Das Wechselgeschaft [17] besorgten in Troppau Hans Härtel, ein kleines Männchen aus Brieg, Georg Gittler aus Ols und insbesondere der oben erwähnte Christof Traurig. Mit einem großen Geldsack in der Hand und von zwei Musketieren begleitet, ging Traurigs Weib alle Samstag Fleisch einkaufen; weigerten sich die Freischlächter, die falschen Münzen anzunehmen, wurde ihnen das Fleisch gewaltsam weggenommen. Die Annahme derselben war unter Leibes- und Lebensstrafe verordnet worden. Schlesien, Mähren und Böhmen war mit Zwirnergeld überschwemmt, auch in Krakau wurden durch Troppauer bedeutende Summen angebracht Anfangs 1627 hat man daselbst Mitzlaf‘s Wechselagenten Tobias Mahler gerichtlich eingezogen. Der durch die Falschmünzerei im Lande angerichtete Schaden mußte umso empfindlicher sein, als die Dänen selbst die Annahme des bösen Geldes bei größeren Zahlungen verweigerten. Bei der Eroberung Troppaus durch Waldstein wußte Zwirner nach Dänemark zu entkommen, obwohl der General vom Kaiser speziell beauftragt worden war, denselben festzunehmen[18]. Sein Genosse Raschke mußte ebenfalls sein Heil in der Flucht suche[19].

Seine Tüchtigkeit als militärischer Organisator bewies Kommissär Mitzlaf durch die ungemein rasche Aufstellung neuer Regimenter. Kaum vier Wochen nach dem Abzuge des Herzogs von Weimar stand ihm wieder eine ansehnliche Macht zu Gebote. Bei den Neuwerbungen fand er an mehreren Edelleuten des Landes freiwillige, sehr eifrige Helfer, andere wurden gezwungen, sich unter die dänischen Fahnen zu begeben. Zu den ersteren gehört Nikolaus Rohr von Stein auf Brosdorf, der schon 1621 für den Markgrafen Johann Georg gekämpft hatte und nun ein Regiment anwarb. Sein Genosse aus jener Zeit Fritz von Roß, Besitzer eines Hofes zu Zattig, der schon oben bei der Falschmünzerei genannt worden, diente den Dänen mit dem Range eines Oberstleutenants und ward als rücksichtsloser Plünderer berüchtigt. Denselben Ruf hatten die Kapitäne Adam Odersky, der nichts als ein Bauerngut zu Oberdorf bei Wigstadtl besaß, Kaspar Larisch von Ellgot, Hofbesitzer zu Nassiedel und die in unseren Fürstentümern nicht begüterten Hans Bernhard von Kaltenbrunn und Achatius Reibnitz. Freiherr Karl Heinrich Zigan auf Dobroslawitz und Freistadt begleitete die dänischen Obersten, angeblich als Nichtkombattant, bei allen «Anschlägen», und zog sogar mit Mitzlaf nach Ungarn. Daß der Kapitän des Jägerndorfer Defensionsfähnleins Nikolaus Stablowsky und sein Leutenant Hans Geraltowsky zum Feinde übertraten, ist schon gesagt worden.

Unter den angeworbenen Mannschaften gab es natürlicher Weise Abenteurer aus aller Herren Ländern, aber neben diesen auch viele Landeskinder. Jägerndorf allein stellte den Dänen etwa 50, Bennisch 20, Seifersdorf und Raase je 10, Braunsdorf 9 und die meisten übrigen Ortschaften des Fürstentums 2-3 Mann. Etliche derselben waren allerdings ursprünglich für das Stablowsky Fähnlein als «Zehnte» oder «Zwanziger» ausgehoben und dann gezwungen worden zur dänischen Fahne zu schwören. Das Troppauische ist verhältnißmäßig schwächer vertreten. Es werden genannt aus der Hauptstadt an 30, aus Wagstadt 9, aus Odrau und Wigstadtl je 7, aus Königsberg 6 Personen; in den slavischen Dorfschaften des Fürstentums war die Beteiligung eine ganz unbedeutende.

Seit dem letzten Drittel des Monates September 1626 konnten die dänischen Obersten auf neue Eroberungen ausgehen. Am 21. September ward Hotzenplotz nach kurzem Widerstande der Bürgerschaft genommen, geplündert und verbrannt; die Stadt mußte fortan 100 Taler wöchentlich nach Jägerndorf abführen. Auch die Schlösser Füllstein und Maidelberg sind damals verwüstet worden. Um den 20. Oktober geriet Freudenthal, den 25. Eulenberg in die Gewalt der Dänen; der bei Besetzung der ersteren Stadt gefangen genommene deutschmeisterische Statthalter Georg Wilhelm von Elckershausen, genannt Klüppel, ward nach Troppau abgeführt [20]. Um dieselbe Zeit plünderte Graf Johann Jakob von Thurn das Kuhländchen und bemächtigte sich am 20. Oktober der Stadt Weißkirchen, nachdem am 16. der erste Angriff mißlungen war. Vier Wochen später am 22. November fiel in die Gewalt der Dänen auch Leobschütz, wo sich Hauptmann Heinrich von Arzat mit einem Fähnlein schlesischen Landvolkes behauptet hatte, obwohl die Bürgerschaft dem Feinde vielfach Vorschub leistete.

Dem gegenüber haben die Kaiserlichen in derselben Zeit keinen bedeutenderen Erfolg aufzuweisen, außer daß Oberst von Dohna am 10. Oktober Oderberg dem Feinde entriß. Doch erlitt der Oberst schon den Tag darauf eine empfindliche Schlappe bei Leobschütz.

Die Mansfeldsche Expedition nach Ungarn fand bekanntlich ein klägliches Ende. Kaum hatten sich die beiden deutschen Söldnerführer mit Bethlen Gabor vereinigt, als dieser, den entscheidenden Kampf mit dem bis zum Granfluße vorgerückten Waldstein nicht wagend, einen Waffenstillstand schloß, welchem nach langen Verhandlungen am 28. Dezember der Friedensvertrag von Preßburg folgte. Seine Truppen und Geschütze dem Großfürsten überlassend, hatte der kranke und mißmutige Mansfeld schon am 5. November Ungarn den Rücken gekehrt, um den 29. November in Bosnien zu sterben. Kurz darauf, den 14. Dezember, schloß auch Johann Ernst von Weimar sein Leben zu St. Marton in der Slowakei. Generalkommissär Mitzlaf, den der Herzog anfangs November nach Ungarn berufen hatte, um mit Bethlen das Notwendige zu vereinbaren, führte nun die weimarschen und mansfeldschen, durch Kälte, Hunger und Krankheiten auf die Hälfte zusammengeschmolzenen Mannschaften nach Schlesien zurück. Dieselben zogen teils über den Jablunkapaß, teils über die kleinen Karpathen; das unlängst gewonnene Weißkirchen, ferner Teschen und Friedek waren die ersten Erholungsplätze der Rückzügler. Die letztgenannte Stadt, welche durch mehrere Wochen von 700 Mansfeldern besetzt blieb, hatte unter der Raub- und Mordlust der Söldner unsäglich zu leiden; sie sollen daselbst 80 Personen getötet haben.

Albrecht von Waldstein konnte sein dem Hofe gemachtes Versprechen, die Dänen noch im Laufe des Winters aus Troppau und Jägerndorf zu vertreiben, nicht erfüllen, denn auch sein Heer befand sich in einem jämmerlichen Zustande. Er ließ es durch das Marchtal in die Winterquartiere nach Mittel— und Nieder- schlesien abrücken. Einige Regimenter unter Pechmann‘s Führung gelangten dahin von der oberen March über Goldenstein und Freiwaldau, andere nahmen ihren Weg durch die Grafschaft Glatz. Kaum war Pechmann an der Flanke der Dänen vorüber marschiert, als sich diese trotz der rauhen Jahreszeit nach dem Norden Mährens in Bewegung setzten, um Ranzionen zu holen und wichtige Plätze dauernd zu okkupieren. Den 13. Jänner 1627 erobert Oberst Baudissin Sternberg und berennt Mährisch-Neustadt; Bärn, Hof, Odrau werden besetzt. Den 25. muß sich Neutitschein ergeben und fortan wöchentlich 800 Reichstaler zahlen. Die Stadt Freiberg war schon von Mansfeld auf dem Marsche nach Ungarn verbrannt worden. An das feste Hochwald, das demselben mit Erfolg widerstanden, wagten sich die Dänen nicht mehr.

Um diese Zeit hört man doch auch von einer allerdings unglücklichen Aktion der schlesischen Landesverteidiger. Heinrich von Dohna, ein jüngerer Bruder des Obersten Karl Hannibal, gewöhnlich der junge Dohna genannt, versuchte mit einem Reiterhaufen in die Vorstadt von Jägerndorf einzudringen. Als ihm dies mißlungen war, fiel er auf dem Rückzug bei dem Dorfe Türmitz in einen Hinterhalt, verlor 20 Mann und wurde selbst gefangen. Die Dänen hingegen setzten ihren Siegeslauf fort. Im Laufe des Februar eroberten sie den ganzen Südosten Schlesiens auf dem rechten Oderufer mit den Städten Pleß, Rybnik, Sohrau, Beuthen (Gleiwitz behauptet sich), wobei Oberst Fahrensbach in Gefangenschaft geriet Am 8. März fällt die Festung Kosel, bisher eine wichtige Zufluchtsstätte der Kaisertreuen, samt dem Kommandanten Obersten Mörder und seinem Oberstleutnant Johann Georg von Mansfeld in ihre Gewalt.

Troppau blieb der Mittelpunkt des dänischen Besitzes in Schlesien und Mähren, den Mitzlaf nach seiner Art autokratisch verwaltete. Seine eigenmächtigen Verfügungen in Militärsachen machten unter den Offizieren böses Blut und waren wohl die Ursache, daß ihm König Christian IV. den mährischen Emigranten und gewesenen Landeshauptmannn der Markgrafschaft Ladislav Welen von Zerotin als «königlich dänischen Rat und Kommissär» an die Seite setzte, oder gar die Oberleitung der Kriegsangelegenheiten übergab. Zerotin war von Frankfurt aJO. den Dänen nach Troppau gefolgt [21] und wurde von ihnen daselbst mit Freuden empfangen, hauptsächlich wegen seiner Verbindungen mit Bethlen Gabor, bei dem er sich längere Zeit aufgehalten und in dessen Diensten auch Dietrich von Zerotin, ein Vetter Welens, stand[22]. Ladislav Welen, nach seinem ehemaligen Gut Lundenburg (vulgo Lumpenburg) gewöhnlich «der Lumpenburger» geheißen, ist fortan zu Troppau in hervorragender Weise tätig. Er beruft die Landsassen zusammen, um die Defensionsmaßregeln zu beraten, hält Kriegsrat, unterschreibt neben Mitzlaf Befehle an die Obersten. Neben Zerotin weilt in Troppau in hervorragender Stellung der böhmische Flüchtling Johann d. J. von Bubna[23], Führer der ständischen Kavallerie in der Schlacht am Weißen Berge; er hat das Oberkommando über die dänischen Reiterregimenter (Oberst Karpezan hatte jenes über das Fußvolk und die Artillerie)[24]. Viel genannt wird ferner Wenzel Bitowsky, einst auf Leitersdorf und Jäschkowitz im Troppauischen, später Herr auf Bistrzitz unter dem Hostein, 1620 zu den Häuptern der Rebellion gehörig; er machte den Zug nach Ungarn mit (später von den Kaiserlichen gefangen und in Brünn justifiziert). Dort treffen wir in seiner Gesellschaft auch den ehemaligen, seit 1620 flüchtigen Herrn von Fulnek, Hans Skrbensky [25]. Übrigens ist bekannt, daß diese Exulanten ein besonderes Korps von 500 Mann in dänischen Diensten bildeten.

Daß der einheimische Adel mit den Feinden des Kaisers, in deren Gewalt er sich befand, so gut als möglich auszukommen suchte, seine Untertanen kontribuieren und Schanzarbeiten verrichten ließ, Schutzbriefe oder militärische Schutzwachen (Salvaguardien) für seinen Besitz erbat, das alles ist begreiflich, sollte aber später als unpatriotisches Beginnen schwer geahndet werden. Noch strafwürdiger erschienen festliche Traktationen der feindlichen Offiziere und die Teilnahme an deren Vergnügungen [26]. Wenn für einige Zeit die Waffen ruhten, gings in Troppau recht toll zu. Viel Aufsehen machte das vom Obersten Schlammersdorf aus Anlaß einer Kindstaufe veranstaltete «Königsspiel», verbunden mit einem Ringelrennen auf dem Niederringe. «Acht Tage lang ward da stattlich gefressen und gesoffen», wie Bernhard Lichnowsky als Teilnehmer berichtet [27]. Dafür waren dänische Offiziere häufige Gäste Lichnowsky‘s, denn er hatte sechs Jungfrauen zu Hause; «da ward denn immer getanzt wie in einem Rosengarten». Trotzdem nahmen sich die dänischen Rittmeister Reibnitz und Odersky die Freiheit, sein Gut Kuchelna zu plündern. Auch Georg Schaffgotsch hatte dänische Besuche «wegen des Frauenzimmers». Der Fasching 1627 brachte mehrere adelige Hochzeiten, bei denen die feindlichen Offiziere tapfer mitzechten. Den 8. Februar vermählte sich Heinrich Rottenberg auf Stablowitz mit Johanna von Drahotusch, den 27. Wenzel d. A. Lichnowsky, des obgenannten Bernhard Sohn, mit Eva Skrbensky [28], um dieselbe Zeit Wenzel Odersky mit Katharina Zetris von Kinsperk. Jedes Fest dauerte selbstverständlich mehrere Tage. Lichnowsky‘s Gäste vertilgten vom Sonntag bis zum Donnerstag 6 Faß Wein und 14 Faß Bier[29].

Die Einwohner von Troppau hatten unter der langwierigen, starken Militäreinquartierung viel zu leiden. Doch ward diese Last teilweise aufgewogen durch reichlichen Verdienst der Handwerker und die trefflichen Geschäfte, welche viele Bürger beim billigen Aufkauf der in die Stadt zusammengeschleppten Beute machten, Innerhalb der Mauern herrschte gute Disziplin; von schweren Exzessen der Soldateska findet sich keine Spur. Die Katholiken mußten allerdings eine bittere Leidensgeschichte durchmachen. Die Jesuiten hatten kurz vor dem Einzuge des Feindes Troppau verlassen und die Obsorge über die Pfarrkirche dem Minoriten P. Barnabas anvertraut, dem einzigen katholischen Priester, welcher in der Stadt auf freiem Fuße geblieben. Auch die Dominikaner dürften sich insgesamt geflüchtet haben. Ihr Prior P. Felix von Wilna wandte sich nach Ober-Glogau und von da nach Neiße; das Kloster samt der Kirche okkupierten die Dänen. Die Äbtissin des Jungfrauenklosters bei St. Klara war längere Zeit in einem Wirtshaus arrestiert. Wenn von katholischen Geistlichen berichtet wird, die in der Stadt gefangen saßen, so mögen sie aus benachbarten Dörfern [30] hereingebracht worden sein, wie der auf Mitzlafs Befehl torquierte Pfarrer von Leitersdorf. Auf Betreiben der Bürgermeister Georg Prziborsky und Hans Schwarzer belegte man die Häuser der Katholiken besonders stark mit Soldaten und führte die Bürger selbst ins Dominikaner- kloster ab; von dort wurden sie nach 10 wöchentlichem Arrest entlassen mit dem Befehle, nicht mit einander zu verkehren, keine Kirche zu besuchen und ohne besondere Erlaubnis nicht vor die Stadttore auszugehen. Als der ehemalige Stadtvogt Daniel Melzer [31], welcher krank darniederlag, sich weigerte, Geld für den «Lumpenberger» herzugeben, wollte ihm dieser 100 Soldaten auf den Hals schicken, Oberst Ranzau beschränkte ihre Zahl auf 30, indem er meinte, man müsse doch bedenken, daß ein Gott im Himmel ist. Herr Adam Studenka nebst anderen Adeligen wurden im Minoritenkloster gefangen gehalten.

Der Protestantismus gelangte wieder zur vollen Herrschaft in der Stadt. Neben den Gotteshäusern bei St. Georg und St. Barbara, die der Herzog von Weimar den Lutheranern übergeben, erhielten sie bald auch die Pfarrkirche. Offiziere mit Musketieren erschienen bei P. Barnabas und zwangen ihn, angeblich unter Mißhandlungen, die Kirche zu öffnen. Der bisherige Schulrektor M. Johann Klosius ward als Pastor installiert; wo er sich die priesterliche Ordination geholt hatte, ist nicht bekannt. Zur St. Georgskirche kehrten die böhmischen Prädikanten zurück, die bis 1625 hier gewirkt hatten. Einer derselben dürfte Elias Stranowsky gewesen sein.

Ein ähnliches Bild wie Troppau bietet uns bezüglich des inneren Stadtlebens auch Jägerndorf im kleineren Maßstabe; nur die konfessionellen Gegensätze machen sich hier bei der geringen Anzahl der Katholiken weniger geltend. Schon am 20. August nach der Abreise des Obersten Härtel hatte der katholische Pfarrer (Dechant) die Stadt verlassen; er war von einer Anzahl der bei des Tackius Hause demonstrierenden Menge überfallen und genötigt worden, die Kirchenschlüssel herauszugeben. Am vierten Tage nach seinem Einzuge übergab Oberst Baudissin die Pfarrkirche dem vor einem Jahre abgesetzten lutherischen Pastor M. Martin Heinrich und seinem Gehilfen Jonas Rother. Den kalvinischen Gottesdienst versahen die Prediger Johann Neander und Johann Volkmann und zwar in der fürstlichen Kanzlei.

Rat und Bürgerschaft lebten mit der feindlichen Besatzung im gutem Einvernehmen. Vom Bürgermeister Michael Erbter heißt es, daß er täglich bei Baudissin gewesen und «gute Räusche mit ihm getrunken habe». Der Ratsherr Adam Breitkopf, bei dem am häufigsten bankettiert wurde, war in der Lage, seine Gäste, Dänen und Einheimische, mit Tokayer Wein zu bedienen. Der Arzt Dr. Höppner (seit 1629 in Breslau ansässig) und einige vom Adel, wie Friedrich Stahr, Hans Oderwolf, Hieronymus Dreßler, Georg Konstantin Berzkowsky, Heinrich Dreske, Wolf Ernst Swietlik und ein Herr Zmeschkal werden als solche bezeichnet, die in Dänenfreundlichkeit ein Obriges geleistet haben. An den Plünderungszügen und der «Mauserei» scheinen sich die Jägerndorfer stärker als die Troppauer beteiligt zu haben. Da bringt Seifensieder Kringer drei große Wagenladungen geraubter Sachen als Leinwand, Kleider, Betten u. s. w. von Freudenthal und Eulenberg herein; die Witwe des gestorbenen Dr. Mathias Bielitzer kauft ein der Fleischerzunft in Hotzenplotz weggenommenes Leichentuch von Samt, der Bürger Blumental ein anderes von Tschamlot für 3 Taler, das er gegen Erstattung dieses Betrages dem Eigentümer, der Schusterzeche ebendort, zurückgibt. Augustin Scholz und Martin Tscheich schleppen den alten Adam Klement von Hotzenplotz nach Jägerndorf und erpressen von ihm 100 Reichstaler. Drei Hotzenplotzer Juden, die man hieher getrieben, müssen sich mit «zwei Bechern» auslösen, die Oberst Baudissin für sich nimmt Mathes Langsfeld ist dabei gewesen, als auf Anschlag des Hans Bernhard von Kaltenbrunn der Pfarrer von Braunsdorf ausgeplündert wurde. Drei «perlene Frauenzimmerkronen» (Stirnbänder?), die ein Soldat von der Plünderung in Kosel gebracht, nahm ihm sein Kapitän Lottermann für 40 Taler «mansfeldsches» Geld ab. Abgesehen von alledem war zu Jägerndorf wie in Troppau ein ständiger Freimarkt für Ein- und Verkauf von geraubten Pferden und Rindern.

Lesen Sie hier weiter : 4. Vertreibung der Dänen durch Albrecht von Waldstein.
Voriges Kapitel: 2. Besetzung des Oppalandes durch die Dänen.

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