Sagen und Märchen aus Schlesien

Die Räuber auf der Schellenburg


Hier klicken um zu den Sagen und Märchen aus Schlesien zurückzukommen

Jonas, ein reicher Kaufmann aus Jägerndorf, feierte die Hochzeit seiner Tochter Rosa mit einem ansehnlichen Handelsmanne aus Troppau; Am Abende des fünften Hochzeitstages, an der Vigilie des heiligen Martin 1528, brachen Braut und Bräutigam nach Troppau aus. Sorglos fuhren sie auf dem mit dichtem Gebüsch umgebenen Wege, als sie plötzlich von einer Räüberbande überfallen wurden, die sich erst jüngst die Schellenburg zum Versteck gewählt hatte. Das dichte Gebüsch und finstere Gewitterwolken begünstigten die Tat der Frevler. Die Begleitung des jungen Paares wurde hingemordet, bevor sie sich zur Wehr setzen konnte und an den Bräutigam stellte der Hauptmann der Bande, Hunzaches, das Ansinnen, die Mitgift auszuliefern. Der junge Mann, im Vollgefühle seiner Kraft, beantwortete die Aufforderung damit, daß er drei der Räüber erschlug , und selbst dem Häuptling zu Leibe ging.

Liebe und Verzweiflung hoben die Kraft des jungen Gatten und nur mit der größten Anstrengung gelang es dem Räüber, seinen Gegner hinzustrecken. Der leblose Bräutigam und die ohnmächtige Braut wurden mit all ihren Habseligkeiten weggeschleppt und um die mitternächtliche Stunde in die düsteren Kellergewölbe der Schellenburg geworfen. Inzwischen begingen die zurückgebliebenen Hochzeitsgäste beim goldenen Reichsadler den fünften Abend des Hochzeitsfestes unter Tanz und Schwank. Der Stadtsäckler vor allen war heute bei guter Laune und gefiel sich darin, in seine Witze hämische Bemerkungen gegen die Frauenwelt, insbesondere gegen die schöne und stolze Gdeltrud, die Pflegetochter des Gastwirtes, einzuflechten. Edeltrud hörte mit Unmut die Spottreden über die Schwäche und abergläubische Furcht der Evatöchter und beschloß, durch eine kühne Tat sich und ihr Geschlecht an dem boshaften Stadtsäckler zu rächen. ,,Ich hol' euch noch in dieser Stunde das an der Vormauer der Schellenburg stehende Ebereschenbäumchen« ruft sie, geht auf ihr Kämmerlein, ergreift einen Dolch und eilt durch's Gebüsch der Schellenburg zu. Bei der Burg angelangt, gewahrt sie eine riesige Gestalt, welche die unterirdischen Gewölbe aufsuchte. Sie verbarg sich in eine Ecke, von wo sich ihr ein grauenhafter Anblick darbot. Durch eine Spalte im Gewölbe entdeckte sie an einem Feuer herumgelagert die wilden Gestalten der Räüber und vernahm das Ächzen einer Unglücklichen. ,,Fördert doch die Dirne in's Jenseits hinüber, damit sie noch heute mit ihren mutigen Bräutigam vereint ist«, sprach der Hauptmann. Edeltrud wußte genug und eilte nach Hause. Das Ebereschenbäumchen und der widerwärtige Säckelmeister kamen ihr erst auf dem Heimwege in den Sinn. Nochmals schlich sich die kühne Jungfrau zur Burg und riß so hastig das Bäumchen von der Mauer, daß einige herunterstürzende Steine die Räüber aus ihrer Ruhe aufsrheuchten. Edeltrud in der größten Seelenangst beflügelte ihre Schritte und suchte in der nahe gelegenen Einsiedelei eine Zttfluchtsstätte. Der Gottesmann nahm die Hilfeflehende aus und barg sie in einer Truhe hinter dem Altare. Von hier aus vernahm sie das Poltern, Fluchen und Drohen der sie verfolgenden Räüber. Der Klausner blieb aber der Bande gegenüber ruhig; Erst als die Frevler sich entfernt hatten, ließ er die Jungfrau ihr Versteck verlassen, begleitete sie eine Strecke und befahl sie auf ihrer weiteren Wanderschaft nach der Stadt dem Schutze des Allmächtigen. Froh, der Gefahr entronnen zu sein und Gott für die sichtbare Hilfe dankend, stahl sich das kühne Mädchen durch das Gebüsch am Oppaufer. Hunzachas hatte aber dieses mit seinen Leuten besetzt und die aus den Zehen schleichende Jungfrau hörte mit Entsetzen, wie der Hauptmann durch einen gellenden Pfiff seine Gesellen von kurzer Rast zur erneuten Verfolgung aufrief. In dieser Not überkam sie  eine seltene Entschlossenheit. Als der Räüberhauptmann eben das Pferd besteigen wollte, stürzte fie auf ihn und stieß ihm den Dolch in den Nacken. Im Nu schwingt sie sich auf's Pferd und eilt, der Windsbraut gleich, über die Zugbrücke nach Jägerndorf. Die Hochzeitsgäste und die Inwohnerschaft gerieten beim Erscheinen Edeltrud's in Bewegung und als sie von der grauenhaften Tat der Rotte berichtete, zog der Stadthauptmann Starkenbach aus, um das Raubnest auszunehmen. Die Bande war mit Roß und Mann verschwunden, die Klausnerei war leer, die Leichname der Brautleute wurden nach Jägerndorf überführt und dort in ein gemeinsames Brautgrab gebettet. Insassen von Lichten brachten später einen der Räüber und Matta, die alte Köchin der Räüber, auf. Durch die Folter erpreßte man ihnen das Geständnis, daß der Räüberhauptmann Zacharias, gewöhnlich Hunzaches genannt, von Nation ein  Ungar, mit einer starken, meist aus entlaufenen Söldnern bestehenden Bande von Ungarn her aufgebrochen, durch Polen, Schlesien, Mähren und Österreich gezogen, selbst bis an das Gestade des adriatischen Meeres gekommen sei, überall raubte und plünderte und seine Schätze zum Teile in den Felsenschluchten der Blaniza, zum Teile in der Schellenburg geborgen habe. Man nahm eifrige Nachforschungen vor, aber die Schätze der Räüber fand man nicht.

Im Frühlinge des Jahres 1532 kam Markgraf Georg von Ansbach-Brandenburg nach Jägerndorf. Bei einem Hochzeitsfeste, welches Edeltruds Freundin, die Tochter des Gastwirtes zur goldenen Sonne, feierte, mußte Edeltrud auch an dem Hochzeitstanze Teil nehmen. Sie tanzte gar wacker mit den Rittern aus des Markgrafen Gefolge. Mitten im Gewühle des Tanzes und der Freude entwindet sie sich plötzlich den Armen eines stattlichen Ritters und eilt in die Hausflur. Ihr Tänzer verfolgt sie, schwingt sich mit ihr auf ein bereitgehaltenes Roß und sprengt davon. Auf der Brücke bäumte sich das Pferd, sprang in den Fluß und begrub im Falle den Reiter. Nur Edeltrud blieb unversehrt. Der sterbende Reitersmann gestand ihr, daß er der Räüberhauptmann sei; er habe herzogliche Dienste genommen, um sich an der Jungfrau zu rächen. ,,Du bist meine entführte Braut, stammelte er, ,geh und hole deinen Brautschatz im Gewölbe der Schellenburg, wo die Tochter des Jonas geendet, rechts am Eingange. Mit diesen Worten verschied er. An der genannten Stelle aber fand man ansehnliche Schätze. Dem armen Jonas stattete Edeltrud die Mitgifts seiner Tochter zurück, mit dem Reste wurde eine kleine Kapelle auf dem Burgberge erbaut, wo einst die Klausnerei gestanden.

 

Helenes Garten - alte Sorten historische Rezepte

 

Das Projekt

Ziel dieser Webseiten ist es eine Materialsammlung zu bieten, die beim Erforschen ihrer Familiengeschichte behilflich ist.